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Biologie

Verdickter Flügelknochen hilft Tropenvogel beim Musizieren

Forscher entdecken ersten flugfähigen Vogel mit verdickten, massiven Flügelknochen

Männchen des Keulenschwingenpipra (Machaeropterus deliciosus) beim Erzeugen seines Balzlauts, er schlägt dabei die Flügen über dem Rücken zusammen und erzeugt so Vibrationen in Federn und Flügelknochen. © Tim Laman

Die Männchen des tropischen Keulenschwingenpipra haben ihre Flügel auf ungewöhnliche Weise in den Dienst der Musik gestellt: Um bei der Balz Weibchen zu beeindrucken, schlagen sie ihre Schwingen über dem Rücken schnell gegeneinander und erzeugen so einen hohen, geigenartigen Ton. US-amerikanische Forscher haben jetzt aufgedeckt, dass diese musikalische Balz die Vogelmännchen einiges kostet: Denn um der Belastung beim Musizieren standzuhalten, sind ihre Flügelknochen massiv und schwer statt luftgefüllt und leicht wie bei anderen Vögeln. Das Fliegen wird damit für diese Vogelmännchen deutlich anstrengender. Der Keulenschwingenpipra sei der einzige bekannte flugfähige Vogel weltweit, der massive Flügelknochen besitze, berichten die Forscher im Fachmagazin „Biology Letters“.

„Nahezu alle landlebenden und fliegenden Wirbeltiere haben hohle, röhrenförmige Knochen“, schreiben Kimberly Bostwick von der Cornell University in Ithaca und ihre Kollegen. Sie seien ein optimaler Kompromiss zwischen Stabilität und möglichst geringem Gewicht. Die extremsten Gewichtssparer sind dabei die Vögel: Bei ihnen durchziehen zahlreiche Luftkammern vor allem die langen Flügelknochen. Ausnahmen kannte man bisher nur von flugunfähigen Vögeln wie den Pinguinen, die massive Knochen haben, damit sie besser tauchen können.

Die Männchen des in den Bergregenwäldern Ecuadors und Kolumbiens lebenden Keulenschwingenpipra (Machaeropterus deliciosus) können noch normal fliegen. Ihre Flügelknochen aber, darunter vor allem die Elle, sind alles andere als Leichtgewichte, wie die Forscher berichten. Die Elle sei dreifach dicker als die normaler Vögel und durch eingelagerte Mineralien massiv verstärkt. Zusätzlich trage der Knochen eine Reihe von Kerben und Rippen auf ihrer Oberfläche. „Der Keulenschwingenpipra hat damit die nahezu bei allen Vögeln vorhandene Anpassung an das Fliegen aufgegeben“, schreiben Bostwick und ihre Kollegen. Das mache es für die Vogelmännchen deutlich anstrengender, sich in die Luft zu erheben.

Skelett des Keulenschwingenpipra (Machaeropterus deliciosus), deutlich sind die mit Beulen und Kerben versehenen, verdickten Flügelknochen zu erkennen. © Bostwick et al. / Royal Society

Tiefe Kerben geben vergrößerten Federn festen Halt

Doch die schweren Knochen verschaffen den Vogelmännchen dafür einen Vorteil bei der Balz, meinen die Forscher. Denn der massive Flügelknochen sei die Voraussetzung dafür, dass die Männchen ihre hohen, klaren Balztöne erzeugen können. „Die Enden der vergrößerten Resonanzfedern sitzen fest in den tiefen Kerben der Elle, das ermöglicht es diesen Vögeln, die Position und Bewegung der lauterzeugenden Federn exakt zu kontrollieren“, schreiben Bostwick und ihre Kollegen. Gleichzeitig leiten die fest verankerten Federn den Schall besonders gut an den Knochen weiter und machen ihn so zu einem effektiveren Resonanzkörper.

Bei der Balz klappt das Vogelmännchen seine Flügel nach hinten und schlägt die vergrößerten Federn mit 107 Schlägen pro Minute aneinander. Die speziell angepassten Schwingen beginnen dadurch zu vibrieren und erzeugen einen hohen kurzen Ton. Die Weibchen bevorzugen diejenigen Männchen, die diesen Ton möglichst laut und rein produzieren. Die sexuelle Selektion durch die Weibchen habe damit bei den Männchen diese ökologisch „teure“ Anpassung gefördert, sagen die Forscher. Sie sei einzigartig darin, dass sie das Fliegen zu Gunsten der Lauterzeugung weniger effizient mache. (doi:10.1098/rsbl.2012.0382)

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(Biology Letters, 13.06.2012 – NPO)

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