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Geowissen

Flechten und Moose binden riesige Mengen CO2und Stickstoff

Beitrag zu globalen Stoffkreisläufen ist größer als angenommen

Die Gelbflechte Xanthoria parietina besiedelt hier mit anderen Flechten einen Ast © Wolfgang Elbert, MPI für Chemie

Sie fallen kaum auf, sind aber wichtige Mitspieler im irdischen Kohlenstoffkreislauf: Algen, Flechten und Moose nehmen weitaus mehr Kohlendioxid und Stickoxide auf als bisher angenommen. Das haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz gemeinsam mit Kollegen der Universität Kaiserslautern und des Biodiversität und Klima Forschungszentrum der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in Frankfurt festgestellt. Der unauffällige Pflanzenbewuchs auf Mauern, Felsen und Dächern bindet jährlich etwa 14 Milliarden Tonnen Kohlendioxid (CO2) – das ist so viel, wie Waldbrände und Biomasseverbrennung weltweit in einem Jahr freisetzen. Die sogenannten kryptogamen Schichten binden zudem etwa 50 Millionen Tonnen Stickstoff jährlich, dies entspricht der Hälfte des gesamten von Landpflanzen aufgenommenen Stickstoffs weltweit. Bisher sei dieser Beitrag dieser Pflanzen zur globalen Bilanz dieser Stoffe vernachlässigt worden. Anhand der neuen Ergebnisse könne man nun globale Stoffkreislauf- und Klimamodelle verbessern, berichten die Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscience“.

Algen, Flechten und Moose gehören zu den sogenannten Kryptogamen – Lebewesen, die ihre Energie durch Photosynthese gewinnen, aber keine Blüten haben. Sie gehören zu den ältesten Lebensformen auf unserem Planeten. Man findet sie nicht nur auf Dächern, Bäumen oder Mauern, sondern in allen Ökosystemen. Auch Felsen und Böden in Trockengebieten sind oft mit kryptogamen Schichten bedeckt. Geschätzte 30 Prozent der weltweiten Landflächen seien mit diesen Pflanzen bewachsen, sagen die Forscher.

„Wir haben festgestellt, dass es zwar schon zahlreiche Studien zur ökologischen Rolle dieser Lebewesen gibt, ihr Beitrag zur globalen Kohlenstoff- und Stickstoffbilanz aber bisher vernachlässigt wurde“, sagt Erstautor Wolfgang Elbert vom Max-Planck-Institut. Jetzt zeige sich, dass die kryptogamen Schichten Hauptakteure in den globalen Kreisläufen von Kohlenstoff und Stickstoff seien.

Flechten wie die grün-gelbe Landkartenflechte Rhizocarpon geographicum sind Pioniere des Lebens: Sie wachsen auf Steinen und bereiten anderen Pflanzen den Boden. © Uli Pöschl, MPI für Chemie

Unscheinbarer Bewuchs hilft anderen Pflanzen beim Wachsen

Stickstoff ist ein wichtiger Nährstoff, den die meisten Pflanzen aber nicht direkt aus der Luft aufnehmen können. Er muss erst von Bakterien oder den Kryptogamen aufgenommen und in Nitrat und andere für die Pflanzen verwertbare Verbindungen umgewandelt werden. Nach Ansicht der Forscher sind Algen Flechten und Moose daher bedeutend, um anderen Pflanzen diesen Nährstoff zu liefern, díes sei besonders in nährstoffarmen Ökosystemen und trockeneren Gebieten der Fall. So tragen sie beispielsweise in Europa und Südamerika rund 30 Prozent, in Afrika und Nordamerika sogar bis zu 80 Prozent zur gesamten gebundenen Stickstoffmenge bei.

Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler Daten aus mehreren hundert Studien zum Vorkommen und Stoffwechsel des kryptogamen Bewuchses analysiert. Sie berechneten die durchschnittliche Aufnahme von CO2 und Stickstoff dabei für jeden Ökosystemtyp und die verschiedenen Formen kryptogamer Schichten. (doi: 10.1038/NGEO1486)

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(Nature Geoscience, 05.06.2012 – NPO)

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