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Paläontologie

Auch Meeressaurier litten schon unter Arthrose

Altersbedingter Gelenkverschleiß schwächte den Biss des Urzeit-Räubers

Paläontologin Judyth Sassoon von der University of Bristol neben dem gewaltigen Unterkiefer des Pliosaurus; Verschleiß im linken Kiefergelenk hat den Unterkiefer seitlich gegen den Oberkiefer verschoben und verformt. © Simon Powell

Auch die gewaltigen Raubsaurier der Urzeitmeere waren nicht vor typischen Alterskrankheiten gefeit. Das zeigt das 150 Millionen Jahre alte Skelett eines im Großbritannien entdeckten Meeressauriers: Das acht Meter lange Pliosaurus-Weibchen litt an einem altersbedingten Verschleiß ihres Kiefergelenks. Dadurch stand ihr Unterkiefer schief und die Zähne des Oberkiefers bohrten sich bei jedem Biss schmerzhaft in Zahnfleisch und Knochen. Dennoch müsse der Saurier mehrere Jahre mit diesem Leiden überlebt und auch Beute gejagt haben, berichten die Forscher im Fachmagazin „Palaeontology“. Erst ein Bruch des geschwächten Kiefers habe dann höchstwahrscheinlich zum Tod des Pliosaurus geführt.

Mit einem gewaltigen, krokodilähnlichen Maul und bis zu 20 Zentimeter langen Zähnen waren die Pliosaurier gefürchtete Meeresräuber im Zeitalter des Jura. Selbst Dinosaurier waren vor den schnellen Schwimmern nicht sicher, natürliche Feinde hatten diese Meeressaurier kaum. Das jetzt analysierte Fossil eines wahrscheinlich weiblichen Pliosaurus zeigt jedoch, dass diese Räuber im vorgerückten Alter durchaus gesundheitliche Probleme bekommen konnten. „Ähnlich wie ältere Menschen Hüftschäden bekommen, entwickelte diese alte Dame eine Arthrose im Kiefer und lebte eine ganze Weile damit“, sagt Erstautorin Judyth Sassoon von der Unversity of Bristol.

Verformte Knochen deuten auf Arthrose hin

Spuren dieser Erkrankung fanden die Forscher am Kiefer des fossilen Skeletts: Die Knochen am linken Kiefergelenk waren verformt und verwachsen. Dies deutet darauf hin, dass die schützende Knorpelschicht im Gelenk abgenutzt war und sich Entzündungen im Gelenk gebildet hatten. Der gesamte Unterkiefer war durch diese Veränderungen seitlich verschoben. „Diese Art der Deformation findet man auch bei heute lebenden Tieren, bei Krokodilen oder Pottwalen“, erklärt Studienleiter Mike Benton von der University of Bristol. Diese Tiere könnten damit jahrelang überleben, solange sie trotzdem noch Beute fangen könnten.

Auch das Pliosaurus-Weibchen müsse mehrere Jahre mit dieser Erkrankung gelebt und gejagt haben, das belegten tiefe Bissspuren der oberen Zähne im Unterkiefer des Fossils. „Aber es muss sehr schmerzhaft gewesen sein“, sagt der Forscher.

Tod durch Kieferbruch

Die Grafik zeigt von oben nach unten den Größenvergleich von einem Weißen Hai, einem Orca, einem menschlichen Taucher und einem Pliosaurus. © School of Earth Sciences, University of Bristol

Den Tod fand der Meeressaurier wahrscheinlich erst, als der durch die Arthrose geschwächte Unterkiefer bei einem zu festen Biss brach. Das zeigt eine deutlich erkennbare Fraktur im fossilen Kiefer. „Mit einem gebrochenen Kiefer konnte der Pliosaurus nicht mehr fressen“, sagt Sassoon. Das Tier sei vermutlich nicht lange danach gestorben. Anzeichen für eine beginnende Abheilung des Bruches habe es am Kieferknochen nicht gegeben.

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Entdeckt wurde das Pliosaurus-Skelett im Mai 1994 bei einer Ausgrabung in Westbury in der britischen Grafschaft Wiltshire. Seither wurde das Fossil in den Sammlungen des Bristol City Museum and Art Gallery aufbewahrt. Sassoon und ihre Kollegen haben die Überreste nun genauer analysiert. Wie alt der Pliosaurus zum Zeitpunkt seines Todes war, lasse sich nicht genau sagen. Die Größe des Skeletts und die bereits zugewachsenen Schädelnähte deute aber auf ein voll ausgewachsenes Tier hin, sagen die Forscher. Der relativ niedrige Schädelkamm lege nahe, dass es sich um ein Weibchen gehandelt habe. (doi: 10.1111/j.1475-4983.2012.01151.x)

(Palaeontology, 16.05.2012 – NPO)

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