Fast zwei Drittel aller Todesfälle von Kindern unter fünf Jahren gehen auf Infektionen zurück – die vermeidbar gewesen wären. Das haben Forscher der Child Health Epidemiology Reference Group (CHERG) der Weltgesundheitsorganisation WHO festgestellt. Im Jahr 2010 starben demnach 4,9 Millionen Kinder an Krankheiten wie Lungenentzündung, Durchfall oder Malaria. Die meisten von ihnen in Afrika oder Südostasien.
7,6 Millionen Todesfälle gab es im Jahr 2010 bei den unter Fünfjährigen. Damit sei die Kindesterblichkeit seit dem Jahr 2000 um 26 Prozent gesunken. Aber die Millenniumsziele, nach denen bis zum Jahr 2015 zwei Drittel weniger Kinder sterben sollen, würden nur wenige Länder weltweit erreichen, berichtet das internationale Wissenschaftlerteam im Fachmagazin „Lancet“. An einer Infektionskrankheit starben 2010 4,6 Millionen Kinder. Sie sind damit zu 64 Prozent für die Kindersterblichkeit verantwortlich.
Am meisten Todesfälle bei den unter Fünfjährigen gibt es in Südostasien und Afrika. „Fünf Länder – Indien, Nigeria, die Demokratische Republik Kongo, Pakistan und China – machen zusammen fast die Hälfte aller Todesfälle weltweit aus“, schreiben Robert Black von der John Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore und seine Kollegen. An einer Lungenentzündung starben weltweit mehr als eine Million Kinder, nur knapp weniger an Durchfall oder Malaria. Diese Infektionen lassen sich durch gute medizinische Versorgung oft verhindern und sind meist behandelbar.
In Afrika sterben die Kinder vor allem an Malaria und Aids
In Afrika seien 73 Prozent aller Kindestode auf Infektionen zurückzuführen. Dieser Kontinent allein sei zudem für 96 Prozent aller Malariatoten und 90 Prozent der Aidstoten unter Kindern weltweit verantwortlich. In Südostasien sterben die Kinder meist schon im Säuglingsalter, viele von ihnen, weil sie Frühgeburten sind. Mit ebenfalls gut einer Million Todesfällen seien Frühgeburten heute nach der Lungenentzündung schon die zweithäufigste Todesursache weltweit, sagen die Forscher. Wenn man hier nicht schnell die Behandlung und medizinische Versorgung solcher Fälle verbessere, könnte die Frühgeburt bis zum Jahr 2015 zur führenden Ursache von Todesfällen bei Kindern werden.
„Damit in Zukunft mehr Kinder überleben, müssen mehr Ressourcen dafür genutzt werden, um die führenden Ursachen der Kindersterblichkeit – vor allem Infektionen und Geburtskomplikationen – zu bekämpfen“, mahnen die Wissenschaftler. Die bisherigen Maßnahmen müssten dafür deutlich intensiviert und beschleunigt werden.
Infektionsraten gesunken – aber nicht genug
Die Erhebung der Forscher ergab aber auch Positives: Obwohl 2010 mehr Kinder geboren wurden als noch im Jahr 2000, sei die Kindersterblichkeit von 9,6 auf 7,6 Millionen gesunken. „Vier Fünftel davon gehen auf sinkende Infektionsraten zurück“, schreiben Black und seine Kollegen. Vor allem durch Lungenentzündung und Masern seien im letzten Jahrzehnt weniger Kinder gestorben. Am wenigsten Fortschritte gab es dabei allerdings in Afrika und Südostasien.
Für ihre Studie hatten die Forscher behördliche Melderegister, Umfragen, Autopsiedaten und Modelle genutzt, um für 193 Länder weltweit zu ermitteln, wie viele Kinder im Jahr 2010 gestorben waren und welche Ursache dies hatte. Die Ergebnisse verglichen sie mit einer ähnlichen Erhebung aus dem Jahr 2000. (doi:10.1016/S0140-6736(12)60560-1)
(The Lancet, 14.05.2012 – NPO)