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Medizin

Spitzensport gefährdet Herz

Hochleistungssportlern droht plötzlicher Herztod

Olympia & Co durch die kardiologische Brille betrachtet: Beim Europäischen Kardiologenkongress in München warnten Experten vor dem massiv erhöhten Risiko für Spitzensportler, an einem plötzlichen Herztod zu sterben. Sie fordern deshalb systematische Herz-Kreislauf-Checks für Sportler vor Wettkämpfen.

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„Sport ist eine wirklich gefährliche Betätigung“, brachte es Prof.

Domenico Corrado beim Jahreskongress der europäischen Kardiologenvereinigung (ESC) in München auf den Punkt. Die Daten hinter der pointierten Aussage des italienischen Sportmediziners: Spitzensportler, die regelmäßig intensives Training betreiben und an Wettkämpfen teilnehmen, haben ein zweieinhalb mal höheres Risiko, an einem plötzlichem Herztod zu sterben, als der auch Sport treibende Bevölkerungsdurchschnitt.

Tatsächlich sorgten in den vergangenen Jahren immer wieder derartige Fälle während großer sportlicher Wettbewerbe für Aufsehen. Für etwa 30 Prozent derartiger plötzlicher Todesfälle unter sportlicher Belastung sind so genannte Herzmuskelveränderungen. Verantwortlich, eine häufig angeborene Erkrankung. Die Tücke dieser Störungen: Sportler leben oft jahrelang mit ihnen, ohne das geringste Symptom oder einen Leistungsabfall zu bemerken. Kommt es jedoch einmal zu Herzrhythmusstörungen (Herzkammerflimmern), können diese zum sofortigen Tod führen.

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60 Prozent scheiden wegen Herz-Kreislauf-Problemen aus

Eine Arbeitsgruppe der Europäischen Kardiologenvereinigung (ESC) empfiehlt jetzt in einem Konsensus-Dokument, europaweit systematische Herz-Kreislauf-Untersuchungen von Sportlern einzuführen, die an Wettbewerben teilnehmen. Derzeit gibt es bezüglich solcher medizinischen Checks in der EU sehr unterschiedliche Regelungen. Italien gilt mit seinen seit mehr als 25 Jahren gesetzlich vorgesehen Herz-Untersuchungen vor Wettbewerben als vorbildlich in diesem Bereich. Dadurch, ist Prof. Corrado überzeugt, konnten bereits viele Todesfälle verhindert werden. Zwischen 1979 und 1996 mussten von den fast 33.500 untersuchten Spitzensportlern immerhin drei Prozent aus gesundheitlichen Gründen ihre Disziplin aufgeben, knapp 60 Prozent von ihnen aufgrund kardiovaskulärer Ursachen.

„Das ist auch für die beteiligten Ärzte nicht immer einfach“, sagte in München Prof. Antonio Pelliccia vom Nationalen Institut für Sportmedizin in Rom. „Denn wenn aus medizinischer Sicht das Herz-Kreislaufrisiko zu hoch ist, wird man im Einzelfall einem Spitzensportler auch einmal empfehlen müssen, ganz aufzuhören.“ Hier habe der Arzt auch eine wichtige ethische Verpflichtung, einen gefährdeten Athleten zu schützen, selbst wenn sein Verband oder Sponsoren massiven Druck ausüben, meinte Prof. Pellicia. Mit internationalen Richtlinien sei dies einfacher. „Man darf Herzkrankheiten niemals ignorieren, auch nicht bei einem Champion“, sagte der Sportmediziner.

Dabei ist der Aufwand zunächst nicht besonders groß. Außer der eingehenden körperlichen Untersuchung sollte ein 12-Ableitungs-EKG zur Beurteilung vorliegen. Dagegen war für diese Risikoabschätzung eine zusätzliche Ultraschalluntersuchung nicht weiterführend.

Zwei Seiten der Goldmedaille

Einem systematischen Herz-Screening für Athleten kann auch der Chef-Mediziner der soeben zu Ende gehenden Olympischen Spielen in Athen, Prof. Dr. Dennis V. Cokkinos, viel abgewinnen: „Wir mussten beispielsweise zwei Marathon-Läuferinnen versorgen, die während des Wettbewerbs kollabierten. Wie sich herausstellte, hatten sie noch nie im Laufe ihrer sportlichen Karriere eine EKG-Untersuchung absolviert, litten aber an angeborenen Herzproblemen.“ Durch Screenings könnten solche Fälle weitgehend vermieden werden.

Trotz derartiger Zwischenfälle zog Prof. Cokkinos jedoch eine kardiologisch gesehen positive Bilanz der diesjährigen Olympiade: „Während der Spiele gab es fünf Herzinfarkte zu versorgen – aber keiner davon betraf einen Athleten.“

(Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, 31.08.2004 – NPO)

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