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Biologie

Dungfliegen-Weibchen fliegen auf große Männchen

Europäerinnen haben andere Vorlieben als amerikanische Dungfliegen-Weibchen

Dungfliegen (Sepsis punctum) vor der Paarung. © UZH

Europäische Dungfliegen-Weibchen haben andere Vorlieben als ihre amerikanischen Gegenparts – obwohl beide zur gleichen Art gehören: Denn die Europäerinnen bevorzugen große Männchen – bei Insekten eine Seltenheit. Denn bei den meisten Arten sind die männlichen Tiere kleiner als die Weibchen. Dies fanden Evolutionsökologen der Universität Zürich heraus, als sie Dungfliegen beider Kontinente miteinander verglichen. Die europäischen Weibchen seien damit eine treibende Selektionskraft für das bei Insekten seltene Phänomen von großen Männchen und kleinen Weibchen, berichten sie im Journal „Evolution“.

Europäische und nordamerikanische Dungfliegen legen ihre Larven in den Kot von Wirbeltieren. Die Larven ernähren sich von ihm und bauen ihn dadurch ab. Obwohl die Vertreter auf beiden Kontinenten zur gleichen Art gehören, unterscheiden sie sich im Paarungsverhalten und Aussehen. Nordamerikanische Dungfliegen-Weibchen sind größer als die Männchen, bei Insekten der übliche Dimorphismus. Eher ungewöhnlich für Insekten liegt der Fall dagegen bei den europäischen Dungfliegen: Hier sind die Männchen deutlich größer als die Weibchen.

Die Selektion zugunsten von großen Männchen wird in der Evolutionsbiologie damit erklärt, dass sie sich erfolgreicher fortpflanzen können als kleinere: Entweder bevorzugen Weibchen größere Männchen, oder diese setzen sich im Wettbewerb um Sexualpartnerinnen gegenüber ihren Geschlechtsgenossen besser durch. Nun weisen Evolutionsökologen der Universität Zürich nach, dass im Falle der europäischen Dungfliegen die Weibchen die treibende Kraft sind. Der Selektionsdruck zugunsten großer Männchen ist bei den europäischen Fliegen dadurch viel stärker als bei den nordamerikanischen, was den unterschiedlichen Größendimorphismus erklärt.

Unterschiede auch im Paarungsverhalten

Bei den nordamerikanischen Dungfliegen umwerben die Männchen die Weibchen mit einem Balztanz. Der Leiter der Studie, Wolf Blanckenhorn, schließt nicht aus, dass nordamerikanische Männchen bei der Brautwerbung möglicherweise auch pheromonartige Duftstoffe einsetzen. Dieses Balzverhalten zeigt sich bei den europäischen Fliegen dagegen nicht: Männchen bespringen relativ wahllos die Weibchen, klammern sich mit unterschiedlichem Erfolg an diesen fest und versuchen sie zu begatten, werden von den Weibchen aber oft vor der Kopulation wieder abgeschüttelt.

Auch in der Häufigkeit der Paarungen unterscheiden sich europäische und nordamerikanische Dungfliegen. Während ihres rund 40-tägigen Erwachsenenlebens paaren sich europäische Dungfliegen häufig, nordamerikanische dagegen nur ein- bis zweimal. „Häufige Kopulationen verlangen von den Männchen größere Mengen an Spermien und entsprechend auch grössere Hoden“, erläutert Blanckenhorn, und dieser Umstand könnte durchaus zur erhöhten Präferenz der europäischen Weibchen für große Männchen beitragen. Allerdings ist der Zusammenhang zwischen den kontinentalen Unterschieden im Größendimorphismus und im Paarungsverhalten noch unklar: „Was evolutionäre Ursache und was Wirkung ist, lässt sich – wenn überhaupt – heute erst indirekt rekonstruieren“, schließt Blanckenhorn.

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(doi:10.1111/j.1558-5646.2012.01599.x)

(Universität Zürich, 16.04.2012 – NPO)

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