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Biologie

Lärm schädigt auch Pflanzen

Für die Samenverbreitung wichtige Tiere bleiben lauten Gegenden fern

Nahaufnahme eines Samenstands von Pinus edulis, einer nordamerikanischen Kiefernart. © Clinton Francis

Lärm kann nicht nur Tieren, sondern indirekt auch Pflanzen schaden: Weil einige Tiere, beispielsweise Buschhäher, laute Gegenden meiden, sammeln und verbreiten sie dort keine Pflanzensamen mehr. Einige Pflanzenarten können sich daher nicht mehr so gut fortpflanzen, das haben US-amerikanische Forscher am Beispiel einer Baumart im Bundesstaat New Mexico gezeigt. Da viele Bäume Jahre brauchen, um groß zu werden, könnten die Konsequenzen noch für Jahrzehnte andauern, sogar wenn die Lärmquelle schon fort ist, schlussfolgern die Wissenschaftler im Fachblatt „Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences“.

Einige Tiere weichen lauten Gegenden aus, andere hingegen bevorzugen sie, weil sie dort vor lärmempfindlichen Fressfeinden geschützt sind. Verschiebt sich dadurch der Tierbestand, kann das einer Baumart große Nachteile bringen, fanden Clinton Francis vom National Evolutionary Synthesis Center (NESCent) in Durham und seine Kollegen. Bei der nordamerikanischen Kiefernart Pinus edulis wurden in lärmbelasteten Gegenden zwar genauso viele Samen von Tieren weggetragen wie in ruhigen Teilen des Waldes. Darunter waren aber häufiger die lärmunempfindlichen Weißfußmäuse, die die Samen nicht nur sammelten, sondern auch direkt verspeisten. Wie die Forscher schreiben, überlebten die Samen die Passage durch den Verdauungstrakt der Mäuse nicht.

Buschhäher hingegen, eine Vogelart, ließen sich nach Angaben der Wissenschaftler in lärmbelasteten Gegenden gar nicht mehr blicken. Die Vögel sammelten für gewöhnlich im Laufe des Herbstes meist viele tausend Samen von Pinus edulis – aber, so heißt es in der Studie, sie fressen sie nicht, sondern vergraben sie als Vorrat für das nächste Jahr im Boden. Die vergessenen Samen können dann keimen und neue Bäume hervorbringen.

Drei Verteil weniger Keimlinge

Wenn aufgrund von Lärm in einem Gebiet mehr Mäuse, aber keine Buschhäher mehr vorkommen, könne sich diese Kiefernart daher sehr viel schlechter fortpflanzen, lautet das Resümee der Forscher. Entsprechend fanden sie in lärmbelasteten Gegenden nur ein Viertel so viele Keimlinge von Pinus edulis wie in ruhigen. Bisher könne man noch keinen Unterschied im Baumbestand beobachten, schreiben Francis und seine Kollegen, „aber möglicherweise ändert sich das gerade allmählich.“

Für andere Pflanzen hingegen ist Lärm nützlich, fanden die Forscher in einem anderen Experiment. Sie hatten künstliche Blumen aufgestellt und deren Besucher registriert. Über ein aufgebrachtes Pulver, das Blütenstaub ähnelt und sich im Labor gut nachweisen lässt, konnten die Wissenschaftler um Francis nachvollziehen, wie viele Blüten bestäubt worden waren. Das Ergebnis: Eine bestimmte Kolibriart bevorzugt laute Gegenden und besucht dort Blüten häufiger als in Kontrollgebieten. „Pflanzen, die von dieser Kolibriart bestäubt werden, könnten daher indirekt vom Lärm profitieren“, sagt Francis.

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Kompressoren als Lärmmacher

Um Tiere und Pflanzen in lärmgebeutelten sowie in lärmfreien Waldgebieten zu untersuchen, halfen den Wissenschaftlern Erdgasquellen, an denen Gas gefördert wurde: An einigen von ihnen liefen tagein, tagaus Kompressoren. Sie verbreiteten auf den nahegelegenen Experimentierfeldern so viel Lärm wie eine amerikanische Schnellstraße in 500 Metern Entfernung, heißt es in der Studie. Kontrollgebiete lagen im gleichen Wald, aber an Bohrstellen ohne Kompressor.

So ließe sich die Wirkung von Lärm isoliert betrachten, sagen die Forscher. Eine Straße beispielsweise erzeuge nicht nur Lärm, sondern es bewegten sich auch Autos darauf, die nachts mit Licht fahren und außerdem schädliche Abgase ausstoßen. Diese anderen Faktoren hätten die Studie ansonsten stören können. (doi: 10.1098/rspb.2012.0230)

(National Evolutionary Synthesis Center (NESCent), 21.03.2012 – BO)

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