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Zoologie

Wölfe fressen lieber Rehe als Kühe

Auf dem Speiseplan der einheimischen Raubtiere machen Nutztiere nur ein Prozent aus

Portrait eines Wolfs, dieses Raubtier weckt noch immer bei vielen Menschen unbegründete Ängste. © Stefan Seidel

Wölfe in Deutschland fressen vor allem Wildtiere, Kühe, Schafe oder Ziegen sind dagegen kaum gefährdet. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler, nachdem sie die Fressgewohnheiten der erst seit einigen Jahren wieder hier heimischen Raubtiere untersucht haben. Der Anteil von Nutztieren auf dem Speiseplan der Wölfe liegt demnach bei unter einem Prozent. Am weitaus häufigsten fressen die Raubtiere Rehe und Hirsche, wie die Forscher im Fachmagazin „Mammalian Biology“ berichten.

„Das Konfliktpotential zwischen Mensch und Wolf ist sehr gering“, erklärt Studienleiter Hermann Ansorge vom Senckenberg Forschungsinstitut in Görlitz. „Solange Schafe und Co. gut geschützt werden und es genug Auswahl unter den Wildtieren gibt, gehen Wölfe nicht die Gefahr ein, mit Elektrozäunen oder Herdenschutzhunden konfrontiert zu werden.“ Es gebe daher keinen Grund zur Beunruhigung oder gar Angst.

Lange Zeit waren Wölfe in Deutschland ausgerottet, nun werden sie langsam wieder heimisch. Aktuell leben in der Lausitz neun Wolfsfamilien mit etwa 34 Jungtieren. Doch nicht alle freuen sich über die Rückkehr des Wildtieres. „Die Ernährungsgewohnheiten von Wölfen sind der größte Streitpunkt bei deren Wiederbesiedlung in Deutschland“, sagt Ansorge. Wölfe gelten traditionell als Raubtiere, die Schafe reißen, Haustiere fressen oder sogar Menschen angreifen. Daher wecke die Rückkehr der Raubtiere alte Ängste und berge Konflikte mit der Bevölkerung, Jägern und Landwirten.

Foto eines der inzwischen in der Lausitz heimischen Wölfe. © Stefan Seidel

Kotproben verraten Speiseplan der Lausitz-Wölfe

Um die reale Gefahr für Haus- und Nutztiere zu klären, haben die Forscher in den letzten acht Jahren über 3.000 Kotproben von Wölfen gesammelt und auf unverdaute Hinterlassenschaften, wie Haare, Knochen, Hufe oder Zähne der Beutetiere untersucht. Über diese Hinweise, ergänzt durch Funde von Resten erlegter Beute, konnten die Görlitzer Zoologen die Ernährung der Raubtiere detailliert erfassen.

Mehr als 96 Prozent der Beutetiere von Wölfen sind nach dieser Auswertung wilde Huftiere. Mit 55,3 Prozent am häufigsten fressen die Raubtiere Rehe, gefolgt von Rotwild mit 20,8 Prozent und Wildschweinen mit 17,7 Prozent. Einen eher geringen Anteil am Speiseplan habe der Hase mit knapp drei Prozent.

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Anpassung an hiesiges Beuteangebot

Im Rahmen ihrer Studie hatten die Forscher auch untersucht, ob und wie sich das Fressverhalten der Wölfe seit ihrer Einwanderung vor zehn Jahren geändert hat. Die Wölfe in der Lausitz kamen aus Polen nach Deutschland. Dort ernähren sich die Rudel überwiegend von Rotwild. Die wesentlich kleinteiligere Lausitz bietet dagegen vor allem Rehen und Wildschweinen ein ideales Lebensumfeld, während sich das Rotwild eher in die wenigen großräumigen Waldgebiete zurückzieht. Rehe sind folglich aus der Sicht der Wölfe einfache und überall anzutreffende Beutetiere.

Tatsächlich passten sich die Wölfe schnell an: Sie brauchten weniger als zwei Generationen, um sich an die neuen Verhältnisse in der Kulturlandschaft im Osten Deutschlands zu gewöhnen, wie die Forscher berichten. In den ersten Jahren der Studie sei der Anteil des erlegten Rotwildes noch deutlich höher und der Prozentsatz der Rehe niedriger gewesen als in den folgenden fünf Jahren. (Mammalian Biology, 2012; doi:10.1016/j.mambio.2011.12.004)

(Mammalian Biology / dapd, 13.03.2012 – NPO)

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