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Mikrobiologie

Einzeller ist schnellstes Lebewesen der Welt

Mikroorganismus legt das 500-fache seiner Körperlänge in der Sekunde zurück

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von Methanocaldococcus villosus, dem schnellsten Organismus der Erde, der kugelförmige, einen Mikrometer große Einzeller besitzt mehr als 50 fadenförmige Geißeln, mit denen er sich durch das Wasser katapultieren kann. © Professor Gerhard Wanner / LMU München

Ein nur rund einen Mikrometer kleiner Einzeller ist das schnellste Lebewesen der Welt: In einer Sekunde legt die zur Gruppe der Archaeen gehörende Mikrobe Methanocaldococcus das knapp 500-fache ihrer Körperlänge (bodies per second, Körperlängen pro Sekunde = bps) zurück. Zum Vergleich:
Ein Sportwagen mit ähnlichem Tempo dürfte auf einer Autobahn mit mehr als 6.000 Kilometer pro Stunde „geblitzt“ werden. Der Einzeller sei damit das mit Abstand schnellste Lebewesen der Welt, berichten Forscher der Universität Regensburg im Fachmagazin „Applied and Environmental Microbiology“.

Nach Ansicht der Forscher ist Schnelligkeit für die Archaeen überlebensnotwendig, um sich an ihre extremen Umweltbedingungen anpassen zu können. Denn viele Archaeen leben unter extremen Bedingungen in der Nähe von heißen Quellen am Grunde der Tiefsee. Dort schießt bis zu 400 Grad Celsius heißes Wasser aus dem Untergrund. Gerieten sie in diesen Strahl, könne das die Einzeller in einem Bruchteil von Sekunden in das für sie tödlich kalte Wasser der Umgebung katapultieren, sagen die Forscher.

Geschwindigkeit hält Einzeller im warmen Wasserbereich

Schnell wieder in die warme Zone schwimmen zu können, ist daher für die Archaeen lebensnotwendig. „Mit ihren Geißeln halten sich die Archaeen in einer für sie optimalen Zone – zwischen der Tiefsee mit etwa zwei Grad Celsius und dem Inneren des Quellausgangs“, erklärt Reinhard Wirth vom Archaeenzentrum der Universität Regensburg. Die fadenförmigen Geißeln seien aber nicht nur Antrieb, sondern auch wichtiges Werkzeug, wenn es darum gehe, an Oberflächen in den bevorzugten Wachstumszonen anzuhaften.

Die Regensburger Wissenschaftler konnten bei einigen Archaeenarten unterschiedliche Schwimmstile beobachten. Neben einem sehr schnellen, mehr oder weniger geradlinigen Stil beherrschen die Archaeen auch einen langsameren Zick-Zack-Kurs. Letzteren setzen sie scheinbar dann ein, wenn sie sich in der Nähe von Oberflächen befinden. „Die Kombination der beiden Schwimmstile lässt uns vermuten, dass Archaeen ihre Schnelligkeit dazu nutzen, um sich in einem für sie günstigen Habitat zu halten und so zu überleben“, erklärt Wirth.

Schwimmverhalten im Spezialmikroskop beobachtet

Das Schwimmverhalten von Bakterien wurde in den letzten Jahren schon intensiv analysiert. Ähnliche Studien zu Archaeen gab es aber noch nicht. Wirth und sein Kollege Bastian Herzog untersuchten in ihren Experimenten das Schwimmverhalten von sieben Archaeenarten und eines Bakteriums. Die Geschwindigkeit und Bewegungen der Einzeller beobachteten sie dabei mit Hilfe eines an der Universität gebauten Thermomikroskops, einem Spezialmikroskop, das Untersuchungen bei Temperaturen von bis zu 95 Grad Celsius ermöglicht – und damit dem von den Archaeen bevorzugten Temperaturbereich.

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Die beiden Archaeenarten Methanocaldococcus jannaschii und Methanocaldococcus villosus stachen bei den Experimenten mit ihren Geschwindigkeiten hervor: Sie erreichten 590 und 470 Mikrometer pro Sekunde. Da M. villosus einen halben Mikrometer kleiner ist als M. jannaschii, ist er im Verhältnis zu seiner Körpergröße der schnellere. (Applied and Environmental Microbiology, 2012; doi: 10.1128/AEM.06723-11)

(Universität Regensburg, 29.02.2012 – NPO)

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