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Medizin

Auge: Stammzellen stoppen Makuladegeneration

Reprogrammierte Hautzellen ersetzen zerstörte Pigmentzellen in der Netzhaut von Ratten

Wissenschaftler haben einen Weg gefunden, die von der altersabhängige Makuladegeneration (AMD) zerstörten Zellen der Sehpigmentschicht im Auge zu ersetzen: Sie programmierten Hautzellen eines Menschen in das Stadium embryonaler Stammzellen zurück und gewannen daraus gesunde Zellen, die sie erkrankten Ratten unter die Netzhaut transplantierten. Bei den Tieren konnte so der fortschreitende Untergang der Sehzellen und damit die Erblindung gestoppt werden. Die Forscher publizierten ihre Ergebnisse jetzt in „Stem Cells Translational Medicine“.

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Bei der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) geht die Sehschärfe im Zentrum des Blickfeldes allmählich verloren. Betroffene im fortgeschrittenen Stadium sehen deshalb in der Bildmitte nur noch einen dunklen Fleck, der das Lesen und Erkennen von Gesichtern unmöglich macht. „Die häufige trockene Manifestationsform der Erkrankung lässt sich bislang nicht behandeln“, erklärt Tim Krohne von der Universitäts-Augenklinik Bonn. Zusammen mit Forschern des Scripps Research Institutes im kalifornischen La Jolla hat der Wissenschaftler bei einem mehrjährigen Forschungsaufenthalt in den USA einen Ansatz entdeckt, wie sich die Augenkrankheit mit Stammzellen therapieren lassen könnte.

Ersatz der kranken durch gesunde Zellen

„Bei der AMD sind die retinalen Pigmentepithelzellen geschädigt“, sagt Krohne. „Sie liegen unter den eigentlichen Sehzellen und sind für die Entsorgung ihres Stoffwechselmülls verantwortlich.“ Die Wissenschaftler ersetzten die erkrankten Epithelzellen durch im Labor gewonnene, gesunde Zellen. Hierfür entnahmen die Forscher Zellen aus der Haut von Menschen und programmierten diese mit einem neuartigen genetischen Verfahren in eine Art Embryonalstadium zurück. Aus diesen sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) gewann das Team anschließend gesundes retinales Pigmentepithel. „Wir testeten die therapeutischen Möglichkeiten dieser Zellen mit Erfolg im Tiermodell“, berichtet Krohne.

Ratten als Testpatienten

Dazu verwendeten die Forscher Ratten mit einer Krankheit des retinalen Pigmentepithels, die der AMD des Menschen ähnlich ist. Das Team transplantierte die im Labor gewonnenen Pigmentepithelzellen unter die Netzhaut der Nager. Mit modernsten bildgebenden und elektrophysiologischen Verfahren testeten die Wissenschaftler daraufhin das Sehvermögen der Ratten. „Die Studien zeigen, dass bei den behandelten Ratten das Absterben der Sehzellen und der Verlust des Sehvermögens aufgehalten werden konnte“, berichtet Dr. Krohne.

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„Wenn die retinalen Pigmentepithelzellen aus der eigenen Haut der Patienten gewonnen werden, gibt es keine Abstoßungsreaktionen nach der Transplantation“, erklärt der Forscher. „Es handelt sich deshalb um einen sehr interessanten Ansatz zum Zellersatz.“ Bis zu einer therapeutischen Anwendung müssten jedoch noch viele klinische Tests absolviert werden. „Forschergruppen in den USA und England haben aber bereits damit begonnen, diese aufwändigen klinischen Studien durchzuführen“, sagt Krohne.

(Universität Bonn, 16.02.2012 – NPO)

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