Anzeige
Biologie

Singvogel fliegt um die halbe Erde ins Winterquartier

Steinschmätzer fliegt von Alaska quer über Asien bis nach Afrika

Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe) © Philippe Kurlapski/CC-by-sa 1.0 us

Der Steinschmätzer ist nicht einmal handgroß, aber er fliegt jeden Winter einmal um die halbe Erde. Der kleine Singvogel legt 14.500 Kilometer zurück, um von seinem Brutgebiet in der Tundra Alaskas bis in sein Winterquartier im Südosten Afrikas zu gelangen. Das haben Forscher herausgefunden, als sie Steinschmätzer aus der nordamerikanischen Arktis erstmals mit Minisendern ausrüsteten. Ihre Route führt diese Singvögel jedes Jahr über die Beringstraße und quer über den gesamten asiatischen Kontinent hinweg bis nach Ostafrika und wieder zurück. Berücksichtige man die Körpergröße des Vogels, sei dies eine der längsten Zugrouten, die man im gesamten Vogelreich kenne, berichten das internationales Wissenschaftlerteam im Fachmagazin „Biology Letters“.

„Dies ist der einzige bekannte landlebende Vogel, der zwischen der Arktis der Neuen Welt und dem südöstlichen Afrika hin und her pendelt“, schreiben Franz Bairlein von der Vogelwarte Helgoland und seine Kollegen. Von keinem anderen Zugvogel kenne man eine solche Verbindung so radikal unterschiedlicher Ökosysteme und Lebensräume. Der eher an kühle Temperaturen gewöhnte Steinschmätzer durchquert auf seinem Flug mehrere Klimazonen und überfliegt sogar die lebensfeindliche Wüste der Arabischen Halbinsel.

3.400 Kilometer in vier Tagen

Die Auswertung von Senderdaten ergab, dass die Steinschmätzer auf ihrem Zug durchschnittlich 290 Kilometer pro Tag zurücklegten. Einer der Vögel habe eine Etappe von 3.400 Kilometern sogar in nur vier Tagen zurückgelegt, sagen die Forscher. Für die gesamte Strecke bis ins Winterquartier benötigten die Steinschmätzer Alaskas zwischen einem und drei Monaten.

Noch können auch die Wissenschaftler nicht erklären, wie ein Vogel von nur rund 15 Zentimetern Größe es schafft, eine so anstrengende und kräftezehrende Reise zu überstehen – und dies sogar zweimal im Jahr. Unklar sei auch, wie vor allem die unerfahrenen Jungvögel diese Route völlig auf sich gestellt bewältigten.

Erst Minisender ermöglichen Verfolgung kleiner Singvögel

Während die Wanderungsrouten vieler größerer Zugvögel schon länger bekannt sind, blieben die Routen kleinerer Singvögeln bisher häufig im Dunkeln. Denn die herkömmlichen Sender waren zu groß und schwer, um von den kleinen Vögeln getragen zu werden. Erst die Entwicklung von Miniatursendern mit nur noch 1,2 Gramm Gewicht ermöglichten es, auch die nur rund 25 Gramm wiegenden Steinschmätzer mit einem Sender zu versehen.

Anzeige

Für ihre Studie hatten die Forscher 30 Steinschmätzer aus Alaska und 16 aus dem Nordosten Kanadas mit Miniatursendern ausgerüstet. Die Sender registrieren Veränderungen in Helligkeit und Sonneneinfall, die Rückschlüsse auf die Position des Vogels ermöglichen. Zusätzliche Hinweise über die Aufenthaltsorte der Vögel gewannen die Forscher, indem sie im Frühjahr die Federn zurückgekehrter Steinschmätzer einsammelten und analysierten. Ähnlich wie das menschliche Haar speichert auch die Vogelfeder chemische Hinweise darauf, was ihre Besitzer die Monate zuvor gegessen und getrunken haben – und verrät damit indirekt auch, wo dies geschah. (Biology Letters, 2012; doi:10.1098/rsbl.2011.1223)

(Royal Society, 15.02.2012 – NPO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

Fusionsplasma

37 Millionen Grad im Fusionsplasma

Voyager 1 sendet wieder

„Anti-Aging-Geheimnis“ der Geiseltal-Frösche gelüftet

Video: Flug über einen außerirdischen Lavasee

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Zugvögel - Von Interkontinentalflügen und Weltenbummlern

Bücher zum Thema

Seltene Vögel - Überlebenskünstler, Evolutionsverlierer und Verschollene - 50 Porträts von Dominic Couzens

Tierisch! - Expedition an den Rand der Schöpfung von Dirk Steffens

Nomaden der Lüfte - Das Geheimnis der Zugvögel von Jaques Perrin

Gipfel des Unwahrscheinlichen - Wunder der Evolution von Richard Dawkins

Top-Clicks der Woche