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Klima

Golfstrom wärmt sich schneller auf als Restatlantik

Meeresströmungen reagieren stärker als bisher angenommen

Veränderungen der Meerestemperatur von 1900 bis 2008 © GEMOAR

Der Golfstrom hat sich in den letzten hundert Jahren zwei- bis dreimal so rasch erwärmt wie der Rest des Atlantiks. Das hat ein internationales Forscherteam anhand von Beobachtungsdaten und Modellsimulationen festgestellt. Diese vermutlich durch den Klimawandel bedingte Veränderung ist aus zwei Gründen bedeutsam, wie die Forsher im Fachmagazin „Nature Climate Change“ berichten: Der Golfstrom transportiert Wärme aus den Tropen in die gemäßigten Breiten und sorgt so unter anderem für das vergleichsweise milde Klima in Mittel- und Nordeuropa. Zum anderen beeinflusst die Erwärmung des Meerwassers die Pufferwirkung des Ozeans für das Treibhausgas Kohlendioxid: Das wärmere Wasser nimmt weniger CO2 auf.

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Eisfreie Küsten bis in Regionen nördlich des Polarkreises, Laubwälder und Getreideanbau, wo in anderen Erdteilen auf gleichem Breitenkreis subpolare Bedingungen vorherrschen – das Klima Mittel- und Nordeuropas ist dank des Golfstroms und seiner sich weit nach Norden erstreckenden Ausläufer vom Klima her sehr begünstigt. Die warme Meeresströmung, die ihren Ursprung im Golf von Mexiko hat, transportiert bis zu 100 Millionen Kubikmeter Wasser pro Sekunde an der amerikanischen Ostküste entlang nach Norden. Dabei ist der Golfstrom nur eine von mehreren sogenannten westlichen Randströmen, die für die Umverteilung von Wärme und Feuchte zwischen den Subtropen und Polargebieten verantwortlich sind.

Beobachtungsdaten aus 100 Jahren ausgewertet

Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat nun untersucht, inwieweit sich diese warmen Strömungen im Laufe des letzten Jahrhunderts verändert haben. „Wir haben insgesamt acht verschiedene globale Beobachtungsdatensätze der Temperatur angeschaut sowie Meeresströmungen mit Hilfe eines hochauflösenden Ozeanmodells unter Nutzung von Beobachtungsdaten simuliert“, erläutert Martin Visbeck, Co-Autor der Studie und Leiter der Physikalischen Ozeanographie am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR).

Die Ergebnisse zeigen, dass die Erwärmung dieser Stromsysteme besonders stark ausfällt und mit einer leichten polwärtigen Verlagerung einhergeht. Dies kann auch Konsequenzen für die Aufnahme von Kohlendioxid im Ozean haben, die bei höheren Temperaturen geringer ausfällt. „Mit dieser Studie konnten wir zeigen, dass alle westlichen Randstromregionen über die letzten 100 Jahre eine deutlich stärkere Erwärmung als das globale Mittel zeigen“, sagt Visbeck.

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Klimawandel verändert Ozeanzirkulation

Die Gründe dafür sind nicht vollständig verstanden. „Wir dachten erst an systematische Verstärkung im Windfeld. Dies hat sich so klar nicht bestätigt nur eine leichte polare Verschiebung der Windsysteme ließ sich finden. Alles deutet auf eine Veränderung der globalen Ozeanzirkulation durch den Klimawandel hin mit expandierenden Subtropen“, meint Professor Visbeck. Um der Ursache des Befunds weiter auf die Spur zu kommen, werden zwei Dinge benötigt: weitere, lange Modellsimulationen und vor allem Langzeitbeobachtungen in den westlichen Randstromsystemen um klimabedingte Trends von natürlichen Schwankungen zu trennen.

„Der Patient Ozean braucht eine Art Langzeit-EKG, denn mit sporadischen Messungen werden wir die Ursache nur sehr schwer finden. Solche Erwärmungstrends haben auch noch andere Langzeitfolgen, wie zum Beispiel eine reduzierte Aufnahme von Kohlendioxid, die wiederum die Klimaerwärmung weiter verstärkt. Hier müssen wir aufpassen, um schwerwiegende Langzeitfolgen zu vermeiden“, resümiert Visbeck.

(IFM-GEOMAR, 30.01.2012 – NPO)

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