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Zoologie

Klimawandel erleichtert Albatrossen die Nahrungssuche

Größte Vogelart passt Ernährungsverhalten den veränderten Windverhältnissen an

Wanderalbatrosse haben sich bestens an die rauen Windbedingungen in den antarktischen Gewässern angepasst. © Paul Tixier / CNRS

Wanderalbatrosse haben ihre Nahrungssuche in den letzten Jahrzehnten den veränderten Windverhältnissen auf der Südhalbkugel angepasst. Dies berichtet ein internationales Forscherteam jetzt in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Science“. Demnach haben die Luftströmungen dort an Intensität zugenommen und sich nach Süden verlagert. Dadurch ist das Futter für die Albatrosse schneller von den Brutkolonien aus erreichbar.

Die Vögel verbringen nach Angaben der Wissenschaftler somit jetzt weniger Zeit mit der Nahrungssuche. Zudem habe sich der Bruterfolg verbessert und die Tiere hätten in den letzten Jahrzehnten um durchschnittlich ein Kilogramm an Gewicht zugelegt. Diese positiven Folgen des Klimawandels könnten jedoch von kurzer Dauer sein, wenn die prognostizierten Klimaszenarien eintreten und sich die Windmuster der Antarktis weiter verschieben, warnen die Forscher.

Expedition auf die Crozetinseln

Für ihre Studie hatten die Biologen des französischen Nationalen Zentrums für wissenschaftliche Forschung (CEBC-CNRS) und des deutschen Helmholtz- Zentrums für Umweltforschung (UFZ) Daten zur Dauer der Nahrungssuche und zum Bruterfolg der letzten 40 Jahre sowie zur Ernährung und Gewicht der letzten 20 Jahre von Wanderalbatrossen auf den Crozetinseln ausgewertet.

Die Inselgruppe liegt zentral im südlichen Indischen Ozean – etwa in der Mitte zwischen Madagaskar und der Antarktis. Sie gehört zu den Französischen Antarktisgebieten und befindet sich im stürmischsten Teil des Südpolarmeeres.

Nahrungssuche der Vögel untersucht

Dank miniaturisierter Tracking-Geräte konnten die Forscher die Nahrungssuche der Albatrosse im Umkreis von bis zu 3.500 Kilometern um die Brutkolonie verfolgen. Dabei zeigte sich, dass sich die Nahrungssuche mit den Windverhältnissen in den letzten zwei Jahrzehnten verändert hat. Im Durchschnitt fliegen die Wanderalbatrosse jetzt schneller als in den 1990er Jahren weiter südwärts.

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„Das führt dazu, dass sie schneller Nahrung aufnehmen können, kürzer in der Luft sind und damit eher am Nest zurück sind. Dadurch hat sich der Bruterfolg verbessert“, erklärt Henri Weimerskirch vom CEBC-CNRS. Überrascht waren die Forscher, dass die Weibchen und Männchen in den letzten zwei Jahrzehnten durchschnittlich ein Kilo zugenommen haben, was rund einem Zehntel des Körpergewichts entspricht. Dies könnte nicht nur ein Resultat des häufigeren Wechselns beim Brüten und Füttern sein, sondern auch eine Anpassung an den Klimawandel: Mit zunehmenden Gewicht können die Vögel besser mit Sturm umgehen, so die Wissenschaftler.

Forscher rüsten einen Wanderalbatros auf den Crozetinseln mit einem Sender aus, um dessen Flüge untersuchen zu können. © David Gremillet / CNRS

Langleinenfischerei bedroht Wanderalbatrosse

„Die Population der Wanderalbatrosse ist auf den Crozetinseln durch die Langleinenfischerei in den nördlicheren Gewässern zurückgegangen. Früher sind viele Weibchen an den kilometerlangen Leinen mit Fischköder umgekommen“, berichtet Maite Louzao Arsuaga, die vom 2009 bis 2011 am UFZ an der Modellierung der Albatrossflugbewegungen geforscht hat. „Durch die veränderten Windverhältnisse suchen die Weibchen jetzt aber zunehmend im Süden nach Nahrung, wo diese Art der Fischerei bisher nicht so verbreitet ist. Dadurch hat sich die Population leicht erholt.“

Allerdings rechnen Klimaszenarien für 2080 damit, dass sich die Westwinde noch weiter in Richtung Südpol verschieben werden. Dann müssten die Wanderalbatrosse wieder weiter fliegen, um optimale Segelbedingungen zu finden. Ob die Erholung der Population lange anhält, ist nach Ansicht der Biologen daher fraglich.

Wanderalbatrosse: Nur noch 8.000 Brutpaare

Die Gesamtpopulation des Wanderalbatros wird weltweit auf rund 8.000 Brutpaare geschätzt. Bei allen Populationen wurde in den letzten 25 Jahre ein teilweiser Rückgang registriert. Die Art ist hauptsächlich durch Beifang bei der Langleinenfischerei gefährdet. Aber auch das Einschleppen fremder Arten wie Ratten oder Katzen bedrohen die Brutkolonien.

Daher sei es wichtig, die Monitoringprogramme zur Bestandsentwicklung auf dem Meer fortzusetzen sowie wirksame Schutzmaßnahmen zu ergreifen, meinen die Forscher. Dass sich der Lebensraum der Wanderalbatrosse über den Zuständigkeitsbereich mehrerer regionaler Fischerei-Managementorganisationen erstreckt, erschwere den Schutz der bedrohten Art zusätzlich.

Der größte Seevogel der Welt

Der Wanderalbatros fasziniert die Menschen seit Jahrhunderten: Mit einer Flügelspannweite von über drei Metern ist er der größte Seevogel der Welt und übertrifft in der Spannweite knapp den Andenkondor. Die eleganten Segler, die die meiste Zeit ihres Lebens in der Luft verbringen, brüten auf Inseln im antarktischen Ozean. Auf der Suche nach Fischen und Kopffüßern wie Tintenfischen legen sie tausende Kilometer zurück. Oft folgen sie dabei Schiffen und ernähren sich auch vom Abfall.

Das Gefieder der Wanderalbatrosse wird mit zunehmendem Alter schneeweiß. Bis zu 55 Jahre wurden die ältesten bekannten Wanderalbatrosse. Da die Aufzucht der Jungen ein ganzes Jahr dauert, brüten sie nur jedes zweite Jahr.

Art ohne natürliche Feinde

Zusätzlich zu den Ergebnissen in „Science“ hat das internationale Forscherteam in einem Artikel im „Journal of Applied Ecology“ besonders wichtige Gebiete für den Schutz dieser Art identifiziert. Diese Studie stellt Karten zur Verfügung, die zur Entwicklung eines künftigen Netzwerkes von Schutzzonen genutzt werden können und auf statistischen Modellen für die geeigneten Lebensräume dieser Indikatorart beruhen.

„Weil die Art keine natürlichen Feinde hat und an der Spitze der Nahrungskette steht, eignet sie sich besonders gut als Indikator für den Zustand der marinen Ökosysteme“, sagt Thorsten Wiegand vom UFZ. „Das könnte nicht nur helfen, eine einzelne Art, sondern das ganze Ökosystem Südpolarmeer zu schützen. Außerdem zeigt das Beispiel, dass die von uns entwickelten Methoden zur Modellierung von Lebensräumen breit anwendbar sind und auch für Szenarien des globalen Wandels genutzt werden können.“ (Science, 2012; DOI: 10.1126/science.1210270)

(Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, 13.01.2012 – DLO)

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