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Nanotechnologie

Nanodraht erweist sich als überraschend leitfähig

Forscher erzeugen erstmals effektiven Stromleiter im Atommaßstab

Mit einem Rastertunnelmikroskop erstellte Aufnahme der nur vier Atome breiten Nanoleiterschablone (gelb) auf einer Siliziumoberfläche (blau); im nächsten Schritt werden Phosphoratome in die Schablone platziert, die den Nanodraht leitfähig machen. © Bent Weber

Elektronische Schaltkreise können stärker verkleinert werden als gedacht, ohne das quantenphysikalische Störeffekte auftreten. Das hat ein internationales Wissenschaftlerteam festgestellt. Die Forscher stellten einen Nanodraht her, der den elektrischen Strom genauso gut leitete wie ein herkömmlich großer Kupferdraht. Ein spezieller Aufbau habe dafür gesorgt, dass der Draht trotz seiner geringen Maße sehr leitfähig blieb und nur einen geringen elektrischen Widerstand aufwies, berichten die Forscher im Fachmagazin „Science“.

Bisher galt es als extrem schwierig bis unmöglich, herkömmliche Schaltkreise und Stromleiter bis auf Größenordnungen im Atombereich zu verkleinern. Denn dann, so die gängige Lehrmeinung, treten Störeffekte durch benachbarte Materialien auf, die die Leitfähigkeit der Drähte extrem behindern. Dies würde unter anderem das Ohmsche Gesetz außer Kraft setzen, das den Zusammenhang von Widerstand, Spannung und Stromstärke in einem Stromleiter beschreibt. „Wir haben jedoch mit unseren Nanodraht Widerstände erzielt, die zeigen, dass das Ohmsche Gesetz selbst im Atommaßstab noch gilt“, schreiben Bent Weber von der University of New South Wales in Sydney und seine Kollegen.

Phosphoratome auf einer Siliziumoberfläche

Der winzige Nanodraht ist nur vier Atome breit und ein Atom hoch und damit rund 10.000 Mal dünner als ein menschliches Haar. Er besteht aus Silizium, in das zahlreiche Phosphoratome eingebettet sind. Um diesen Stromleiter zu konstruieren, legten die Forscher zuerst auf einer Siliziumoberfläche eine Schablone für ihren Nanodraht mit Hilfe eines Rastertunnelmikroskops an. Dafür entfernten sie in einer vier Atome breiten Spur die an das Silizium gebundenen Wasserstoffatome.

Dann bedampften sie diese Struktur mit Phosphoratomen, die sich an die freigewordenen Bindungen des Siliziums anlagerten. Dadurch erhielten sie einen Nanodraht aus Silizium, in dem die für die Leitfähigkeit wichtigen Fremdatome aus Phosphor nur einen Nanometer weit auseinander lagen. Diese dichte und scharf gegenüber der Umgebung abgegrenzte Packung der Fremdatome habe dem Nanodraht die Leitfähigkeit eines Metalls verliehen, sagen die Forscher.

Noch mehrere Generationen kleinerer Computerbauteile möglich

Der neue Nanodraht belege, dass man auch bei Verkleinerung bis auf Atomgröße Stromleiter schaffen könne, die die gewünschten elektrophysikalischen Merkmale beibehielten. Dies ebne den Weg für extrem verkleinerte elektronische Bauteile, meinen die Forscher.

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„Das sind gute Neuigkeiten für die Halbleiterindustrie“, kommentiert der Physiker David Ferry von der Arizona State University in der gleichen Ausgabe des Fachmagazins. Denn das bedeute, dass noch mehrere Generationen von immer kleineren Computerbauteilen möglich seien, bevor nach grundsätzlich neuen Materialien und Lösungen gesucht werden müsse.

Einsetzbar auch für zukünftige Quantencomputer

Nach Ansicht der Wissenschaftler können solche Nanoleiter nicht nur genutzt werden, um klassische Bauteile zu verkleinern. Sie seien auch eine wichtige Voraussetzung, um zukünftige Schaltkreise für Quantencomputer zu entwickeln. Quantencomputer bestehen nur aus wenigen Atomen und führen ihre Rechnungen nicht elektronisch durch, sondern nutzen dafür physikalische Effekte, die nur im Reich der kleinsten Teilchen wirksam sind.

„Wir stehen an der Schwelle, Transistoren aus nur noch einem einzigen Atom zu konstruieren“, sagt Studienleiterin Michelle Simmons von der University of New South Wales. Aber für einen praktisch einsetzbaren Quantencomputer müsse man auch Leitungen und Schaltkreise auf Atomgröße schrumpfen. Dass das prinzipiell möglich sei, habe man jetzt demonstriert. (Science, 2012; doi: 10.1126/science.1214319)

(Science / University of New South Wales, 06.01.2012 – NPO)

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