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Medizin

Äußerer Druck macht Brustkrebszellen mobiler

Kompression im Tumor fördert die Krebsausbreitung

Werden Brustkrebszellen äußerem Druck ausgesetzt, wandeln sie sich häufiger in mobile, wandernde Zellformen um. Diese können in gesunde Gewebe eindringen und fördern so die Ausbreitung des Krebses. Das zeigen Experimente US-amerikanischer Forscher. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass der vom Druck ausgelöste Stress während des Tumorwachstums die Auswanderung von Brustkrebszellen stimuliert“, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“.

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In ihren Versuchen setzten die Forscher unterschiedlich aggressive Stämme von Brustkrebszellen einem leichten Druck aus, wie er auch innerhalb eines Tumors auftreten kann. Der Druck habe die Vermehrung der Zellen nicht nennenswert verändert. „Aber er verstärkte die Mobilität der drei aggressivsten Stämme“, schreiben Janet Tse vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge und ihre Kollegen.

An den Rändern der zusammengedrückten Zellkulturen entstanden vermehrt sogenannte Anführerzellen, wie die Forscher berichten. Diese sehr beweglichen Formen von Krebszellen bildeten lange Zellausläufer, die auch in bisher zellfreie Bereiche der Kultur vordrangen. „Diese Anführerzellen gaben den ihnen nachfolgenden Zellen die Ausbreitungsrichtung vor“, erklären die Wissenschaftler. Nach kurzer Zeit sei das Krebsgewebe dadurch in zuvor noch freie Bereiche eingewandert.

Nach Ansicht der Forscher könnte dieser neu entdeckte Mechanismus dabei helfen, zukünftig gezielt zu verhindern, dass Krebszellen in diese Wanderungsform übergehen und sich Brustkrebs ausbreitet. „Das eröffnet die Tür zu einer einzigartigen Klasse von Ansatzstellen für Medikamente, über die man die biochemischen Reaktionen der Zellen auf den Druckstress blockieren könnte“, konstatieren Tse und ihre Kollegen.

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Brustkrebszellen auf Membranen gezüchtet

In ihren Versuchen ließen Tse und ihre Kollegen vier verschiedene Kulturen von Brustkrebszellen sowie eine mit normalen Zellen der Brustdrüsenschleimhaut auf dünnen Membranen wachsen. Mit einem Kolben setzten sie die in quadratische Stücke geteilten Zellkulturen 16 Stunden lang einem leichten, gleichmäßigen Druck von 5,8 Millimeter Quecksilber (mmHg) aus.

Während und nach dieser Zeit beobachteten die Forscher die Form und biochemische Aktivität der Zellen. Bei Kontrollversuchen ohne äußeren Druck wandelten sich nur die an den äußeren Ecken der Kultur liegenden Krebszellen in Anführerzellen um, wie die Wissenschaftler berichten. Anders dagegen die Brustkrebszellen unter Druck: „Selbst Zellen, die nicht in den bevorzugten Positionen lagen, wurden nun zu Anführern“, schreiben die Forscher. Nicht mehr nur an den Ecken, sondern entlang des gesamten Randes der Zellkultur begannen die Krebszellen, Ausläufer zu bilden und in das umliegende Gebiet vorzudringen.

Keine Reaktion der gesunden Zellen

Im Gegensatz zu den Krebszellen veränderten sich die gesunden Brustzellen unter Druck nicht. Nach Ansicht der Forscher könnte dies daran liegen, dass Krebszellen auf eine besondere Weise darauf geeicht sind, auf Veränderungen ihrer Umgebung zu reagieren. Zudem mache das steifere Zellskelett die gesunden Zellen wahrscheinlich unempfindlicher gegenüber Druck, mutmaßen die Wissenschaftler.

„Unsere Arbeit gibt einen einzigartigen Einblick darin, wie physikalische Faktoren die Wanderung von Zellen beeinflussen können“, konstatieren Tse und ihre Kollegen. Das sei nicht nur für das Verstehen der Krebsausbreitung wichtig, sondern auch für Prozesse wie die Wundheilung, bei denen gesunde Zellen in Lücken im Gewebe einwandern. (PNAS 2011; doi: 10.1073/pnas.1118910109)

(Proceedings of the National Academy of Sciences, 02.01.2012 – NPO)

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