Auf Madagaskar haben Forscher die bisher größten bekannten Knochenschuppen von Dinosauriern entdeckt. Eine dieser Knochenplatten ist 57 Zentimeter lang, 26 Zentimeter breit und 19 Zentimeter dick. Sie saß ursprünglich in der Haut eines Rapetosaurus, einem der gewaltigen, langhalsigen Pflanzenfresser der Kreidezeit. Einzigartig an dieser Knochenschuppe ist aber nicht nur ihre Größe. Die annähernd dreieckige Knochenplatte birgt zudem einen mehrere Liter fassenden Hohlraum in ihrem Inneren, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten.
„Die Tatsache, dass diese Knochenschuppe hohl ist, widerlegt gleich mehrere Theorien darüber, wozu diese Knochen bei den langhalsigen Dinosauriern gut waren“, sagt Erstautorin Kristi Curry Rogers vom Macalester College in Saint Paul, Minnesota. Bei vielen Reptilien, wie beispielsweise den heutigen Krokodilen, sei die Funktion der Knochenschuppen in deren Haut klar: Sie dienten als Schutzpanzer für die Echsen.
Bei den Titanosauriern, der Gruppe der großen, pflanzenfressenden Dinosaurier, zu der auch Rapetosaurus gehörte, wurden bisher aber nur zehn einzelne Knochenschuppen gefunden. Es wurde vermutet, dass diese Schuppen dem Schutz der Tiere dienten, zur Wärmeregulation oder aber nur als Schmuck. Die Funktion sei aber mangels Funden umstritten, sagen die Forscher.
Knochenschuppen bei Jungtier und Erwachsenem unterschiedlich
Bei den Ausgrabungen fanden die Forscher sowohl ein Jungtier als auch einen erwachsenen Rapetosaurus. Dabei zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den Knochenschuppen des Jungtiers und des Erwachsenen: Beim Jungtier war das von einer dichten Knochenkruste umgebene Innere der Schuppe von einem feinverästelten Geflecht von Knochenstäbchen durchsetzt. Die Schuppe des erwachsenen Rapetosauriers besaß dagegen einen fünf Liter fassenden Hohlraum in ihren Inneren.
„Das verrät uns, dass sich diese Knochenschuppen im Laufe des Lebens der Rapetosaurier veränderten“, sagt Curry Rogers. Sie seien allmählich ausgehöhlt worden. Das spreche dafür, dass diese Knochenplatte als eine Art Speicher dienten, der im Laufe der Zeit abgebaut worden sei.
Weder Schutzpanzer noch Wärmedämmung
„Die Entdeckung dieser gigantischen Knochenschuppen liefert uns neue Einblicke in die Funktion dieser bizarren Strukturen“, sagt Curry Rogers. Der Fund von nur wenigen Schuppen belegt, dass die Rapetosaurier keinen dichten Schuppenpanzer besaßen, sondern nur wenige Knochenschuppen in ihrer Haut getragen hätten. Das aber bedeute, dass diese Knochenschuppen weder als Schutz noch als Wärmedämmung geeignet waren.
„Stattdessen glauben wir, dass die Knochenschuppen den Tieren als Mineralspeicher dienten“, schreiben die Wissenschaftler. Die Rapetosaurier seien, wie andere Titanosaurier auch, meist sehr schnell gewachsen und erzeugten viel Nachwuchs. Beides verbrauche große Mengen an Mineralien. Die mineralreichen Knochen der Hautschuppen könnten daher als Reservoir für diesen Bedarf gedient haben, mutmaßen die Forscher. Dafür spreche auch, dass die Knochenschuppen oft von komplexen Blutgefäßnetzen umgeben seien.
Ausgrabungen auf Madagaskar
Entdeckt wurden die Knochenschuppen bei Ausgrabungen in der Maevarano Formation, einer Gesteinsformation aus der späten Kreidezeit, auf Madagaskar. Dort fanden die Forscher zwei teilweise erhaltene Skelette von Rapetosauriern, ein Jungtier und einen Erwachsenen. In den Hautresten beider Tiere steckten einzelne Knochenschuppen, die die Wissenschaftler herauspräparierten und anschließend unter anderem mittels Computertomografie untersuchten. (Nature Communications, 2011; doi: 10.1038/ncomms1578)
(Nature Communications / dapd, 01.12.2011 – NPO)