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Technik

Exakte Kopie einer Stradivari-Geige erzeugt

Computertomografie ermöglicht Rekonstruktion bis auf das letzte Wurmloch

Mit Hilfe von modernster Computertechnik haben Forscher erstmals eine mehr als 300 Jahre alte Stradivari-Geige detailgetreu kopiert. Dem Nachbau liegen dreidimensionale Schnittaufnahmen eines Computertomografen (CT) zugrunde, die von einem Holzfräseroboter umgesetzt wurden. Anschließend verfeinerten Geigenbauer die Konstruktion. Der moderne Nachbau gleiche dem Original bis hin zum letzten Wurmloch, berichten die Wissenschaftler auf der Jahrestagung der Radiological Society of North America (RSNA) in Chicago.

„Wie beim Mensch gibt es auch bei Geigen eine große Spannbreite von individuellen Variationen“, erklärt der Radiologe Steven Sirr aus Mora in Minnesota, der das Projekt leitete. Bei einem Hunderte von Jahren alten Instrument finde man zahllose Eigenheiten wie winzige Risse und Wurmlöcher, Reparaturspuren sowie Veränderungen durch Umwelteinflüsse.

„Die CT bietet uns eine einzigartige Methode, ein solches historisches Objekt zu analysieren, ohne es auseinanderzubauen oder zu zerstören“, sagt Sirr. Das ermögliche es einerseits, genaue Reproduktionen herzustellen, beispielsweise um jungen Violonisten ein bezahlbares, aber gutes Instrument zu verschaffen. Andererseits eröffne dies neue Möglichkeiten um herauszufinden, was Stradivari-Geigen so besonders mache.

Rätsel des Stradivari-Klangs noch immer ungelöst

Der im 17. Jahrhundert in Italien lebende Geigenbauer Antonio Stradivari gilt bis heute als einer der besten seiner Zunft. Seine 650 heute noch existierenden Violinen sind für ihren besonderen Klang berühmt. Was ihnen diesen Klang verleiht, dafür gibt es zwar viele Theorien, aber keine eindeutige Erklärung.

„Wir wollten daher verstehen, wie diese Violinen funktionieren“, sagt Sirr. Mit der detaillierten Analyse und der originalgetreuen Kopie sei ein erster Schritt zur Lösung dieses Rätsels gelungen. Ob die kopierte Geige dem Original auch im Klang nahe kommt, muss sich allerdings noch zeigen.

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Rekonstruktion aus tausend Einzelbildern

Für ihre Studie nutzten die Wissenschaftler die im Jahr 1704 von Stradivari gebaute „Betts“-Violine, die in der Library of Congress in Washington aufbewahrt wird. Unter enormer Vorsicht erstellten sie zunächst mittels CT mehr als tausend einzelne Schnittbilder der Geige.

Diese Aufnahmen wurden in sogenannte stereolithografische Dateien umgewandelt – eine Art dreidimensionaler Blaupausen. Auf Basis dieser Vorlagen fräste eine computerkontrollierte Maschine genaue Kopien der Einzelteile der Violine aus unterschiedlichen Hölzern aus. Die Geigenbauer John Waddle und Steve Rossow bauten anschließend die Einzelteile zusammen, lackierten sie und verliehen ihr, angeleitet von den CT-Aufnahmen, den letzten Feinschliff.

Nach Ansicht der Forscher könnte diese Methode der Reproduktion zukünftig auch für andere Streichinstrumente genutzt werden und so günstige, aber gute Instrumente besser verfügbar machen. „Wir glauben, dass die Rekonstruktion alter und wertvoller Streichinstrumente einen bedeutenden Einfluss auf moderne Musiker haben könnte“, meinen Sirr und seine Kollegen.

(Radiological Society of North America (RSNA), 28.11.2011 – NPO)

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