Ob eine Brustkrebspatientin aggressive Metastasen fürchten muss oder nicht, könnte sich zukünftig besser vorhersagen lassen. US-amerikanische Forscher haben eine neue Methode entwickelt, die schon kurz nach der Diagnose verrät, wie aggressiv der Tumor ist. Entscheidende Helfer dabei sind Mäuse: Für den Test pflanzten die Wissenschaftler den Tieren ein winziges Stück Tumorgewebe der betroffenen Frauen ein. Die Zellen wuchsen in den Mäusen weiter und nahmen dabei den Verlauf der Erkrankung bei den Patientinnen quasi vorweg, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Medicine“ berichten.
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Bisher wird die Aggressivität von Tumoren meist an Zellkulturen im Labor getestet. Solche Tests helfen den Medizinern unter anderem dabei, die geeignete Therapie für die Patientin auszuwählen. Das gängige Verfahren sei jedoch nicht für alle Typen von Brustkrebs geeignet, sagen die Forscher. Zudem verändere sich in den Zellkulturen das Verhalten der Tumorzellen, sodass solche Ansätze oft nur begrenzte Aussagefähigkeit haben. Für die neue Testmethode gelte dies jedoch nicht, sagen die Wissenschaftler.
„Das überraschendste Ergebnis war, dass die Tumorzellen sich von der Ursprungsstelle genauso ausbreiteten und Metastasen bildeten wie in den Patientinnen, von denen die Probe stammte“, sagt Erstautorin Alana Welm von der University of Utah in Salt Lake City. Krebszellen von Frauen, die Metastasen in der Lunge hatten, wanderten bei den Mäusen ebenfalls in die Lunge ein.
Entwicklung in der Maus verrät Aggressivität des Tumors
Wie aggressiv ein Tumor sei, lasse sich mit dem neuen Verfahren schon direkt nach der Diagnose erkennen, sagen die Forscher. Wuchs das Tumorgewebe einer Frau in der Maus nicht weiter, habe die Patientin später keine Metastasen entwickelt. Patientinnen, deren Tumorprobe anwuchs und sich schnell ausbreitete, zeigten dagegen einen aggressiven Verlauf ihrer Krebserkrankung. Ihre Überlebenswahrscheinlichkeit in den ersten beiden Jahren nach Diagnose sei deutlich verringert gewesen.
„Diese Methode hat wichtige prognostische Informationen über den Verlauf der Krankheit bei den untersuchten Frauen geliefert“, sagen die Forscher. Sie sei damit ein wichtiger Schritt hin zu einer individuelleren Diagnose und Behandlung von Brustkrebspatientinnen. Ähnliche Testverfahren wolle man nun auch für andere Krebsarten entwickeln. „Wir arbeiten bereits an einer Variante für Darmkrebs“, sagt Welm.
Immunschwache Mäuse als Tester
Für ihre Studie hatten die Forscher frisch entnommene Brustkrebszellen von Patientinnen in das Brustgewebe von Mäusen eingepflanzt. Die Immunabwehr der Tiere war zuvor durch Genmanipulation deaktiviert worden. Das Tumorgewebe stammte von 49 Frauen, die gerade eine Brustkrebs-Operation hinter sich hatten und von 24 frisch diagnostizierten Frauen.
Die Proben der 49 bereits operierten Frauen repräsentierten unterschiedliche Brustkrebsformen. Um zu testen, ob diese Tumore ihre jeweiligen Merkmale auch in den Mäusen behielten, wurden alle Mäusetumore von einem Pathologen untersucht, der den Ursprung der Proben nicht kannte. „Alle Krebszellen behielten die Haupteigenschaften der Originaltumore“, schreiben die Forscher. Das sei auch für die hormonabhängigen Brustkrebsformen der Fall gewesen. Besonders für diese seien die gängigen Zellkulturtests nur bedingt aussagekräftig. (Nature Medicine, 2011; DOI: 10.1038/nm.2454)
(Nature / University of Utah, 24.10.2011 – NPO)