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Astronomie

Parasitismus hält Blaue Nachzügler-Sterne jung

Materietransfer sorgt für Brennstoff-Nachschub

Diese Illustration zeigt, wie ein Blauer Nachzügler entsteht, indem er Materie von einem Roten Riesenstern absaugt, bis nur noch der Kern des Sterns als Weißer Zwerg übrigbleibt. © Aaron M. Geller

Astronomen haben ein 50 Jahre altes Rätsel der Astronomie aufgeklärt: die Herkunft der sogenannten Blauen Nachzügler. Diese Sterne sind so alt, dass sie eigentlich längst erlöschen oder zu Roten Riesen werden müssten. Stattdessen strahlen sie noch immer hell im typischen Blau eines jungen Sterns. US-amerikanische Forscher haben nun entdeckt, warum diese Blauen Nachzügler so lange jung bleiben: Der Stern ziehe Materie von einem Begleitstern ab, berichten sie im Fachmagazin „Nature“.

Dieser Materialtransfer liefere dem Blauen Nachzügler den Brennstoff, um seine Kernfusion weiter aufrechterhalten zu können. Der Begleitstern schrumpfe bei diesem Prozess von einem Riesen zu einem seiner äußeren Hüllen beraubten Weißen Zwerg.

Sternhaufen NGC 188 beobachtet

Hinweise auf die Existenz solcher Weißen Zwerge im Umfeld der Blauen Nachzügler erhielten die Forscher bei der Beobachtung des 6.700 Lichtjahre von der Erde entfernten offenen Sternhaufens NGC 188. In ihm liegen 21 Blaue Nachzügler. Mit Hilfe des WIYN Observatoriums in Arizona habe man nach Hinweisen auf ein winziges Taumeln dieser Sterne gesucht, wie es ein Begleitstern durch seine Schwerkraft auslösen würde, sagen die Astronomen. Bei der Mehrzahl der beobachteten Blauen Nachzügler hätten sie dieses Taumeln entdeckt.

„Wie so oft in der Astronomie sind es die Objekte, die man nicht sieht, die die entscheidenden Hinweise liefern“, sagt Robert Mathieu von der Northwestern University in Evanston, einer der beiden Autoren der Studie. Die neuen Beobachtungen bestätigten die zuvor nur theoretisch postulierte Annahme, nach der die Blauen Nachzügler ihre Jugendlichkeit einem Brennstofftransfer verdanken.

Als nächstes wolle man das Hubble-Weltraumteleskop der US-Raumfahrtbehörde NASA nutzen, um die von den Begleitern der Blauen Nachzügler ausgesendete Strahlung einzufangen.

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Diese Aufnahme des WIYN-Observatoriums in Arizona zeigt den offenen Sternhaufen NGC 188, eingerahmt sind die in ihm vorhandenen Blauen Nachzügler. © K. Garmany, F. Haas NOAO/AURA

Kollision, Verschmelzung oder Materietransfer?

Bisher existierten mehrere Theorien dazu, wie Blaue Nachzügler entstehen könnten. Neben dem Materietransfer von einem Begleiter könnte ein solcher Stern auch durch die Kollision zweier oder sogar dreier Sterne gebildet worden sein. Dabei würde Materie übertragen werden, die den Blauen Nachzügler „verjüngt“. Eine andere Möglichkeit ist die Verschmelzung von zwei Sternen in einem Doppelsternsystem.

Sowohl die Kollisionstheorie als auch die Verschmelzung gehen davon aus, dass im Umfeld des Blauen Nachzüglers entweder ein massereicher oder aber gar kein Begleiter vorhanden sein muss. Beides treffe aber auf die Blauen Nachzügler im Sternhaufen NGC 188 nicht zu, wie die Forscher berichten.

Begleiter hat nur halbe Sonnenmasse

„Unsere Daten zeigen, dass die Begleitsterne der Blauen Nachzügler etwa halb so massereich sein müssen wie die Sonne“, sagen Mathieu und sein Kollege Aaron Geller. Diese Masse sei typisch für Weißen Zwerg am Ende seines Lebenszyklus. „Dies schließt eine Entstehung durch Kollision mit Sicherheit aus“, konstatieren die Forscher.

Ganz entfernt möglich sei vielleicht noch Bildung der Nachzügler durch eine Verschmelzung. Dann müssten zwei größere Sterne fusioniert sein und der Weiße Zwerg wäre als ehemaliger dritter übrig geblieben. „Aber unsere Beobachtungen machen diese Hypothese nicht sehr wahrscheinlich“, kommentieren die Astronomen. Ihrer Ansicht nach deuten die Daten auf einen Materietransfer als Entstehungsmechanismus dieser exotischen Sterne hin. (Nature, 2011; DOI: 10.1038/nature10512)

(Nature / dapd, 20.10.2011 – NPO)

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