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Technik

Computer-Bausteine aus Darmkeimen und DNA konstruiert

Logische Schaltungen reagieren auf chemische Signale

Aus Darmbakterien und DNA haben Forscher die Grundbausteine eines biologischen Computers gebaut: logische Schaltungen. Diese ermöglichen die Verarbeitung von Informationen, indem sie auf vordefinierte Eingaben mit entweder „1“ oder „0“ reagieren. Sie hätten zwei verschiedene, miteinander kombinierbare Logikmodule auf biologischer Basis entwickelt, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature Communications“. Es handele sich dabei um die am weitesten entwickelten logischen Gatter dieser Art. Solche biologischen Prozessoren könnten in Zukunft beispielsweise als Bausteine für mikroskopisch kleine Sensoren dienen, meinen die Forscher.

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Für ihre Studie programmierten die Forscher die Zellmaschinerie des Darmkeims Escherichia coli mittels eingeschleuster Gene um. Das Bakterium produzierte dadurch nur dann eine bestimmte Substanz, wenn es zuvor zwei verschiedene chemische Moleküle in seiner Umgebung fand. Diese Ausgabe eines „Werts“ auf zwei verschiedenen Eingaben hin entspreche einer logischen Schaltung, sagen die Wissenschaftler.

Bald neue Generation von Prozessoren auf biologischer Basis?

„Logische Schaltungen sind die fundamentalen Bausteine der Silizium-Schaltkreise, auf denen unser gesamtes digitales Zeitalter basiert“, sagt Richard Kitney vom Imperial College London, einer der Autoren der Studie. Er hoffe, dass die Entwicklung solcher Schaltungen zu einer neuen Generation von Prozessoren auf biologischer Basis führe.

Eine mögliche Anwendung solcher Bio-Prozessoren seien Sensoren, die in Blutgefäßen auf Verkalkungen reagieren und daraufhin gezielt Wirkstoffe im betroffenen Gebiet abgeben. Möglich seien aber auch Sensoren, die bestimmte Umweltgifte mit einem Warnsignal anzeigten oder diese direkt neutralisierten, sagen die Wissenschaftler.

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Zelle als natürliches System logischer Schaltungen

Jede lebende Zelle nutzt von Natur aus zahlreiche logische Schaltungen. Mit ihrer Hilfe entscheidet sie beispielsweise anhand von Umwelteinflüssen, wann sie welche Prozesse in ihrem Stoffwechsel aktivieren soll. So reagieren viele Einzeller auf die Präsenz von Nährstoffen, indem sie sich ihnen annähern. Andere aktivieren schützende Gegenreaktionen, wenn sie Giften oder ungünstigen pH-Werten ausgesetzt sind.

„Zuvor sind schon synthetische Gen-Schaltkreise konstruiert worden, um verschiedene logische Funktionen zu absolvieren“, sagen die Forscher. Bisher jedoch seien die meisten dieser Schaltungen nicht modular und damit nicht frei kombinierbar gewesen. Andere solcher biologischen Schalter seien zu eng mit der Zellmaschinerie eines bestimmten Organismus verknüpft und damit meist nur unter bestimmten Bedingungen einsetzbar.

Die jetzt neu entwickelten biologischen Schaltungen seien sowohl modular als auch vom Stoffwechsel des Wirtsbakteriums abgekoppelt, berichten die Wissenschaftler. Man könne beispielsweise die beiden chemischen Eingangssignale beliebig austauschen, auf die die Schaltung reagiere.

UND- und NICHT-Schaltung realisiert

Die Forscher konstruierten mit Hilfe der Darmbakterien zunächst eine sogenannte UND-Schaltung. In der digitalen Technologie liefert ein solcher Schalter immer dann eine „1“, wenn er über beide Eingangskanäle ebenfalls ein positives Signal erhält. Fehlt eines der Eingangssignale, liefert dieser Schalter eine „0“. Bei der biologischen Variante entsprechen die beiden chemischen Substanzen den Eingangssignalen, der als Reaktion darauf abgegebene Stoff dem Ausgabewert „1“.

Den biologischen UND-Schalter kombinierten die Forscher mit einem zweiten sogenannten NICHT-Schalter. Erhält dieser als Eingangssignal eine „1“, gibt er eine „0“ aus und umgekehrt. Die biologische Variante war so programmiert, dass sie auf die von der ersten Schaltung abgegebene chemische Substanz mit der Produktion eines Hemmstoffs reagierte.

Als nächsten Schritt wolle man nun noch komplexere Schaltkreise aus mehreren logischen Schaltungen aufbauen, sagen die Forscher. Dafür müsse man noch eine Möglichkeit entwickeln, diese Module miteinander zu verbinden. (Nature Communications, 2011; DOI: 10.1038/ncomms1516)

(Nature Communications / dapd, 19.10.2011 – NPO)

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