Anzeige
Biologie

Rätselhafte Riesenfisch- Ansammlungen verändern Flusswasser

Welse in der französischen Rhone zeigen ungewöhnliches Schwarm-Verhalten

Aufnahmen der rätselhaften Ansammlungen Europäischer Welse in der Rhone bei Lyon. © Bouletreau et al., PLoS ONE, doi:10.1371/ journal.pone.0025732/ CC-by-sa 3.0

Forscher rätseln über eine unerklärliche Zusammenrottung von riesigen Fischen im französischen Fluss Rhone: In einem Bereich südlich von Lyon entdeckten sie wiederholt bis zu 2,10 Meter lange Europäische Welse, die sich zu dicht gedrängten Gruppen ballten. Solche kolossalen Ansammlungen des größten Süßwasserfischs Europas habe man noch nie zuvor gesehen, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „PloS ONE“. Allein der Kot dieser Fischgruppen reiche aus, um den Nährstoffhaushalt des Flusswassers stark zu verändern.

Die Ursache für dieses für Welse ungewöhnliche Verhalten sei noch völlig rätselhaft. „Die beobachteten Aggregationen standen weder mit normalem Schwarmverhalten, noch mit der Fortpflanzung, der Nahrungsaufnahme oder dem Vermeiden von Fressfeinden in Zusammenhang“, sagen die Forscher.

Die ursprünglich in Seen und Flüssen Osteuropas heimischen Europäischen Welse (Silurus glanis) können Längen von mehr als fast drei Metern und ein Gewicht von gut 100 Kilogramm erreichen. In die südfranzösische Rhone gelangte diese räuberische Fischart vor rund 150 Jahren, als sie vom Menschen dort ausgesetzt und angesiedelt worden war.

Kot der Welse verursacht massive Überdüngung

Die Ansammlungen der riesigen Fische könnten auch bedeutende Konsequenzen für das Ökosystem in der Rhone haben, meinen die Forscher um Fréderic Santoul von der Université de Toulouse. Der von den bis zu 65 Kilogramm schweren Tieren abgegebene Kot gebe große Mengen von Nährstoffen in das Wasser ab. „Die Phosphorabgabe über den Kot übertrifft die maximale bisher beobachtete Exkretion bei Fischen um das 83- bis 286-Fache, die von Stickstoff um das 17- bis 56-Fache“, schreiben die Wissenschaftler.

Damit repräsentiere diese Ansammlung gebietsfremder Fische den höchsten jemals im Süßwasser gefundenen biogeochemischen Hotspot. Als einen solchen Hotspot bezeichnen Forscher Bereiche, in denen Tiere mehr Nährstoffe produzieren als die dort lebenden Pflanzen benötigen oder verarbeiten können. Die Fische seien damit Ursache für eine starke lokale Überdüngung. Dies sei ein zuvor unerwarteter ökologischer Nebeneffekt dieser eingeschleppten Tierart.

Anzeige

Tauchgänge über zwei Jahre hinweg

Im Rahmen ihrer Studie hatten die Forscher das Verhalten der Welse in einem Teilstück der Rhone etwas flussabwärts der Stadt Lyon über zwei Jahre hinweg beobachtet. In insgesamt 17 nachmittäglichen Tauchgängen zu unterschiedlichen Jahreszeiten kartierte, fotografierte und filmte ein Taucher die Tiere. Jedes Mal habe dieser im Wasser kugelförmige Ansammlungen von 15 bis 44 eng gedrängten Welsen vorgefunden.

„Die einzelnen Tiere waren aktiv, schwammen ständig umher, bewegten sich aber nicht alle in die gleiche Richtung, wie es bei Fischschwärmen normalerweise der Fall ist“, schildern die Forscher das beobachtete Verhalten. Die normalerweise eher einzelgängerischen Tiere hätten dabei keinen Mindestabstand zum Nachbarn eingehalten, sondern sich beim Schwimmen aneinander gerieben.

Ein ungewöhnliches Paarungsritual könne diese Art der Ansammlung nicht sein. Man habe keinerlei Balzverhalten zwischen den Tieren beobachten können, berichten die Wissenschaftler. Zudem ließ sich die Gruppenbildung während des gesamten Jahres beobachten, auch zu Zeiten, in denen das Wasser für eine Laichablage viel zu kalt war.

„Auch eine Gruppenbildung zwecks leichterem Beutefang ist unwahrscheinlich, da die Tiere in diesen Ansammlungen keinerlei Beute fraßen und auch kein Nahrungssuchverhalten zeigten“, schreiben die Forscher. (PloS ONE, 2011; doi:10.1371/journal.pone.0025732)

(PloS ONE / Université de Toulouse / dapd, 06.10.2011 – NPO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

NAchglühen von GRB 221009A

Rekord-Ausbruch überrascht Astronomen

Neue fossile Riesenschlange entdeckt

Warum Chinas Großstädte absinken

Landschaft unter dem Thwaites-Gletscher kartiert

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Eisfische - Rätselhafte Meeresbewohner „ohne Blut“

Kaviar - Schwarze Zukunft für Störe und Feinschmecker

Ameisen - Eine für alle, alle für eine

Haie - Vom Jäger zum Gejagten

Bücher zum Thema

Biologie für Einsteiger - Prinzipien des Lebens verstehen von Olaf Fritsche

Ökologie - von Thomas M. Smith und Robert L. Smith

Der Superorganismus - Der Erfolg von Ameisen, Bienen, Wespen und Termiten von Bert Hölldobler und Edward O. Wilson

Fantastisches Tierreich - Zwischen Legende und Wirklichkeit von John Downer

Tierisch! - Expedition an den Rand der Schöpfung von Dirk Steffens

Deep Blue - Entdecke das Geheimnis der Ozeane

Das geheime Leben der Tiere - Ihre unglaublichen Fahigkeiten, Leistungen, Intelligenz und magischen Kräfte von Ernst Meckelburg

Top-Clicks der Woche