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Geowissen

Riesige Gasstrudel im Erdmagnetfeld entdeckt

„Kelvins Katzenauge“ löst 17 Jahre altes Rätsel

Strudel im Außenbereich des Erdmagnetfelds © ESA

Das ESA Satellitenquartett Cluster hat hoch über der Erde gewaltige Strudel aus überhitzten Gasen entdeckt. Genau am Rande des irdischen Magnetfelds gelegen, könnten durch sie geladene Teilchen in die Magnetosphäre eingeschleust werden. Bislang war ungeklärt, woher die Schutzhülle der Erde ihren Nachschub an ionisierten Gasen erhält. Die Satelliten könnten dieses 17 Jahre alte Rätsel jetzt gelöst haben.

Das Magnetfeld der Erde ist die äußerste Schutzhülle unseres Planeten gegen das Bombardement durch den Sonnenwind, einen ständigen Teilchenstrom aus magnetisierten und geladenen Partikeln, die Teil des solaren Magnetfelds bilden. Je nach Orientierung von Sonne und Erde zueinander können die Magnetfelder beider Himmelskörper entweder in die gleiche Richtung oder aber entgegengesetzt zueinander ausgerichtet sein.

Weisen sie in entgegengesetzte Richtungen, können sich „Türen“ im irdischen Magnetfeld öffnen. Diese zeitlich begrenzten Lücken in der Barriere, die so genannte magnetische Rekonnektion erlauben es den geladenen Teilchen des Sonnenwinds, bis in die Grenzschicht der Magnetosphäre einzudringen und sich dort zu sammeln. Wenn jedoch beide Magnetfelder in die gleiche Richtung zeigen, müsste die Magnetosphäre der Erde eigentlich eine undurchdringliche Barriere für den Sonnenwind darstellen. Doch bereits 1987 haben Messungen von Sonden gezeigt, dass sich genau in diesen Phasen sogar mehr Teilchen in der Grenzschicht befinden als in der Periode der offenen „Türen“. Wie also dringt der Sonnenwind trotzdem ein?

„Kelvins Katzenauge“ im Magnetfeld

Dank der Daten der vier in Formation fliegenden ESA-Satelliten könnte dieses Rätsel jetzt gelöst sein. Die Cluster-Sensoren entdeckten am Übergang von der Nacht- zur Tagseite der Erde, wo der Sonnenwind seitlich an der Erde vorbeistreift, gewaltige Gasstrudel an der Magnetopause, dem äußersten Rand des irdischen Magnetfelds.

„Diese Strudel waren wirklich riesige Strukturen, rund sechs Erdradien groß“, erklärt Hiroshi Hasegawa vom Dartmouth College in New Hampshire, der die Daten gemeinsam mit internationalen Kollegen analysiert hat. Die Strudel sind das Ergebnis einer so genannten Kelvin-Helmholtz-Instabilität (KHI), die entsteht, wenn zwei Ströme unterschiedlicher Geschwindigkeit an einander grenzen und dabei einer den anderen „überholt“. Rollen sich diese Wellen zu einem Strudel auf, wird dieser auch als „Kelvins Katzenauge“ bezeichnet.

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Mechanismus noch ungeklärt

Obwohl solche KHI-Wellen schon häufiger beobachtet wurden, ist dies das erste Mal, dass im Magnetfeld solche rund 40.000 Kilometer weiten „Katzenaugen“ eindeutig nachgewiesen worden sind. Wissenschaftler vermuten, dass diese Strukturen, wenn sie sich direkt an der Magnetopause bilden und nach einer Weile kollabieren, dabei große Mengen Sonnenwind geradezu in das Magnetfeld hineinsaugen können. Einmal in der Grenzschicht angelangt, können dann die geladenen Teilchen in den inneren Bereich des Magnetfelds transportiert werden und dort beispielsweise als Polarlichter sichtbar werden.

Obwohl die Cluster-Ergebnisse dieses Szenario nahe legen, geben sie noch keine Auskunft über den genauen Mechanismus dahinter. Die Forscher können daher noch nicht klären, ob dies der einzige Eintrittsweg für den Sonnenwind ist, oder ob auch andere Prozesse hier noch eine Rolle spielen. Genauere Daten werden hier erst zukünftige Generationen von Magnetfeld-Satelliten liefern müssen.

(ESA, 18.08.2004 – NPO)

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