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Klima

Ozonloch erstmals auch über der Arktis

Kälteperiode führt zu dramatischem Schwund der Ozonschicht um mehr als 80 Prozent

Über der Nordpol-Region hat es im Frühjahr 2011 erstmals ein echtes Ozonloch gegeben. Die Dichte der schützenden Ozonschicht über der Arktis sei in 18 bis 20 Kilometern Höhe um mehr als 80 Prozent gefallen, berichtet ein internationales Forscherteam im Fachmagazin „Nature“. Einen so dramatischen Ozonverlust habe man über der Nordhalbkugel noch niemals zuvor beobachtet. Zum ersten Mal in der Geschichte der Messungen sei damit der arktische Ozonschwund mit dem Ozonloch über der Antarktis vergleichbar, sagen Gloria Manney vom California Institute of Technology in Pasadena und ihre Kollegen.

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Die Ozonschicht gilt als wichtige Schutzhülle der Erde, da sie einen Großteil der gesundheitsschädlichen UV-Strahlung der Sonne abfängt. Sinkt die Ozondichte dieser Schicht, steigt das Risiko für Hautschäden und Hautkrebs deutlich an. Der Schwerpunkt des arktischen Ozonlochs im Frühjahr 2011 habe über kaum bewohntem Gebiet gelegen, sagen die Forscher. Erst im April, als sich die Ozondichte bereits leicht erholt hatte, habe es sich über dichter besiedelte Bereiche Nordeuropas verlagert.

Kälteperiode als Ursache

Ursache für das Ozonloch im Frühjahr 2011 sei eine ungewöhnlich lange Kälteperiode zwischen Dezember 2010 und März 2011 gewesen, sagen die Forscher. Sie habe eine anhaltende Kaltluftzone über der Arktis entstehen lassen, die ozonabbauende Reaktionen förderte. Bisher habe die Arktis als zu mild gegolten, um solche Kaltluftzonen über so lange Zeit und bis in das Frühjahr hinein zu ermöglichen.

Ob solche Ozonlöcher zukünftig häufiger auftreten oder sogar zur Regel werden, könne man noch nicht absehen, sagen die Wissenschaftler. „Aber die Entwicklung eines arktischen Ozonlochs unter nur wenig extremeren Bedingungen als in vorhergehenden Wintern deutet darauf hin, dass ein noch stärkerer Ozonverlust möglich wird, wenn die Temperaturen in der unteren Stratosphäre weiter sinken“, konstatieren sie. Einen Trend zu einer solchen arktischen Abkühlung sagen Klimaforscher voraus. Es müsse aber noch genauer erforscht werden, ob und wie sich dies auf den zukünftigen arktischen Ozonabbau auswirke.

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Chlorverbindungen lösen Ozonabbau aus

Als entscheidend für den Ozonabbau gelten zwei Faktoren: Zum einen ist dies die Anwesenheit von Chlorverbindungen, beispielsweise aus Emissionen von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW). Zwar ist der Einsatz von FCKW in den meisten Ländern seit 1989 durch das sogenannte Montrealer Protokoll verboten, die langlebigen Substanzen bleiben jedoch über Jahrzehnte in der oberen Atmosphäre erhalten.

Zum anderen fördern Temperaturen unterhalb von minus 77 Grad Celsius auf Höhe der Ozonschicht den Abbau. Unter diesen Bedingungen bilden sich polare Stratosphärenwolken, in denen die Chlorverbindungen zu einer besonders reaktionsfreudigen Form, dem Chlorradikal, umgewandelt werden. Dies ist besonders im frühen Frühjahr der Fall, da Sonnenlicht diesen Zerfall fördert. Die Chlorradikale reagieren dann mit dem Ozon und zerstören es dadurch.

Chemischer Ozonabbau in der Arktis erreicht Antarktis-Niveau

„Über der Antarktis ist die ozonabbauende Chlorverbindung normalerweise über vier bis fünf Monate präsent und führt zu einer Zerstörung fast des gesamten Ozons in Höhen zwischen 14 und 20 Kilometern Höhe“, schreiben Manney und ihre Kollegen. In der Arktis sei dies bisher selbst in den kältesten Jahren nicht passiert. 2011 jedoch habe man erstmals einen vergleichbaren chemischen Ozonabbau auch über der Nordhalbkugel beobachtet.

Im Frühjahr 2011 lagen die Temperaturen in der oberen Atmosphäre mehr als 100 Tage lang unter dem für das Ozon gefährlichen Grenzwert, wie die Forscher berichten. In einem Gebiet von etwa der fünffachen Größe Deutschlands sei die Dichte der Ozonschicht dadurch auf unter 250 Dobson Einheiten gesunken. Das entspreche einer Reduktion der Ozondichte um mehr als 80 Prozent. Damit habe der Ozonabbau über der Arktis erstmals ein Ausmaß erreicht, das mit dem im antarktischen Ozonloch Mitte der 1980er Jahre vergleichbar sei, sagen Manney und ihre Kollegen. (Nature, 2011; DOI:10.1038/nature10556)

(Nature / California Institute of Technology / NASA / dapd, 04.10.2011 – NPO)

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