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Klima

Szenarien für Treibhausgas-Zukunft bis 2300 erweitert

Prognosen sollen auch als Basis für nächsten IPCC-Bericht dienen

Forscher haben vier neue Szenarien zukünftigen Klimawandels entwickelt, die zentrale gemeinsame Bezugspunkte für Forscher weltweit bieten sollen. Zum ersten Mal sei bei diesen Szenarien auch eines dabei, das die Wirkung ambitionierter Emissionsverringerungen durchrechnet, berichten die Forscher in einer Sonderausgabe des Fachmagazins „Climatic Change“. Dieses geht davon aus, dass Klimaschutzmaßnahmen es schaffen, die globale Erwärmung unter zwei Grad zu halten. Und zum ersten Mal wurden die Pfade der CO2-Anreicherung in der Atmosphäre bis ins Jahr 2300 ausgeweitet. Das bringe die bisher genutzten Szenarien auf einen neuen Stand und schaffe eine Orientierung für den nächsten großen Bericht des Weltklimarats IPCC der Vereinten Nationen, der 2013/14 ansteht, sagen die Wissenschaftler.

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„Unter der Grenze von zwei Grad Erderwärmung zu bleiben, ist immer noch möglich – aber es wird eng“, sagt Malte Meinshausen vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), einer der Autoren der Studie. Das neue Szenario mit den geringeren Emissionswerten soll erhellen, was für Optionen für Klimaschutz und für unvermeidbare Anpassung an Klimawandel gebraucht werden – „das hat bislang gefehlt“, erklärt Meinshausen. Bislang richtete sich solch systematische Forschung nur auf die Emissionsentwicklung ohne Klimapolitik.

„Man kann schlecht auf der Hälfte des Weges den Kurs ändern“

Eine Begrenzung der Erderwärmung auf weniger als zwei Grad über dem vorindustriellen Niveau gilt als Möglichkeit, gefährlichen Klimawandel zu verhindern. Allerdings müsste die Menschheit „bereits vor 2020 mit der Absenkung ihres Ausstoßes von Treibhausgasen beginnen“, meint Meinshausen. Denn ein Ergebnis der Arbeit an den Szenarien sei, „dass man schlecht auf der Hälfte des Weges den Kurs ändern kann“, sagt der Forscher. Wenn man in der Klimapolitik erst hohe Emissionen zulasse und dann gegen Ende des Jahrhunderts die Folgen als zu schwerwiegend bewerte, sei ein Umschwenken auf ein verträglicheres Klima-Szenario „technologisch kaum mehr machbar“. Daher sei es wichtig, auf welchen Emissionspfad die Entscheider in Politik und Wirtschaft setzen.

Szenarien als Wege in verschiedene Zukünfte

Grundsätzlich helfen Szenarien, Auswirkungen von klimapolitischem Handeln oder Nichtstun zu erkunden, indem sie verschiedene mögliche Zukünfte darstellen. Sie bestehen aus großen Datensätzen – von Landnutzungs-Mustern bis hin zur räumlich aufgeschlüsselten Verteilung von Ozon-Vorläufersubstanzen – und aus Annahmen über komplexe Wechselwirkungen von physikalischen und chemischen Prozessen. Wissenschaftler des PIK haben hierbei aus den zugrundeliegenden Emissionsszenarien die Konzentration von Treibhausgasen über die Jahrhunderte hinweg errechnet. Dabei wurden die neuesten Erkenntnisse über Reaktionen des Erdsystems auf die vom Menschen verursachten Emissionen so gebündelt, dass sie zusammen die beste verfügbare Einschätzung ergeben. Die so gewonnenen Szenarien werden auch die Basis sein für die laufenden Vergleiche zwischen verschiedenen computergestützten Klimasimulationen, und damit deren Verbesserung dienen.

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Sozio-ökonomische Prognosen als Ergänzung

Das Gegenstück zu den CO2-Konzentrations-Szenarien sind die sozio-ökonomischen Szenarien. „Gesellschaft und Wirtschaft sind derzeit Treiber des Klimawandels“, sagt Elmar Kriegler vom PIK. „Zugleich sind sie betroffen von den Klimafolgen.“ Wie stark sie durch das Verbrennen fossiler Energien zum Ausstoß von Treibhausgasen beitragen und wie groß ihre Fähigkeit zur Anpassung ist, beim Anstieg des Meeresspiegels etwa durch Deichbau, hängt beides von Faktoren wie Bevölkerungswachstum und Wohlstand ab.

Deshalb arbeitet ein internationales Team von Forschern, darunter Kriegler, an einem gemeinsamen Rahmen für diese Art von Szenarien. Im November soll auch dies abgeschlossen sein. Am Ende wird ein Verfahren stehen, die verschiedenen sozio-ökonomische Szenarien mit verschiedenen CO2-Szenarien zu kombinieren. „Zusammen bieten sie nicht nur die Grundlage für solide Forschung zum Klimawandel“, erklärt Kriegler. „Die Ergebnisse dieser Forschung sollten eine umfassende Einschätzung von Klimaschutz, Anpassung und den trotz allem bleibenden Klimafolgen ermöglichen – quer durch eine ganze Spannbreite möglicher Zukünfte.“ (Resource and Energy Economics, 2011; doi:10.1016/j.reseneeco.2011.08.001)

(Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), 27.09.2011 – NPO)

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