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Geowissen

Quellen des Lebens im Toten Meer

Artenreiche Bakterienmatten umgeben Süßwasserquellen am Seegrund

Das extrem salzhaltige Wasser des Toten Meeres ist giftig für den Menschen, daher mussten die Taucher eine Spezialausrüstung mit Vollgesichtsmasken tragen. © Christian Lott, Hydra Institute, Elba

Am Grund des Toten Meeres in Israel gibt es Süßwasserquellen, die eine vielfältige Lebenswelt im sonst eher lebensfeindlichen Salzwasser des Sees ermöglichen. Das hat jetzt ein israelisch-deutsches Wissenschaftlerteam bei Tauchgängen entdeckt. Vermutet hatte man solche Quellen dort schon länger. Doch erst jetzt habe man nachweisen können, dass diese Quellen existieren, berichtet das an dem Projekt beteiligte Max-Planck-Institut (MPI) für Marine Mikrobiologie in Bremen.

In unmittelbarer Umgebung der Süßwasserquellen stießen die Wissenschaftler auf artenreiche Bakterienmatten, die große Bereiche des Seebodens bedeckten. Über deren mikrobielle Vielfalt sei man sehr überrascht gewesen, heißt es. „Bisher waren im Toten Meer mikrobielle Matten nicht bekannt und man wusste sehr wenig über Mikroorganismen im Sediment“, sagt Projektleiter Danny Ionescu vom Bremer MPI. Zwar seien bereits zweimal zuvor, 1980 und 1992, Mikrobenblüten im Seewasser beobachtet worden. Die jetzt in den Matten gefundenen Organismen seien aber andere als die, die damals dieses Phänomen verursachten.

Überlebensstrategie der Mikroben nur teilweise geklärt

„Wir denken, diese Entdeckung wird weitere neue Fragen aufwerfen“, sagt Ionescu. Ungeklärt sei beispielsweise noch, wie diese Bakterien die extremen Bedingungen im Toten Meer überleben. Offen sie auch, woher sie ihre Energie beziehen. Schon seit den 1930er Jahren ist bekannt, dass der Name „Totes Meer“ nicht ganz zutreffend ist. Denn im Wasser des salzigen Sees gab es Mikroorganismen, wie Analysen von Wasserproben gezeigt hatten. Welche Lebewesen den Seegrund bevölkern, hat jedoch erst diese Studie genauer gezeigt.

Die an den Quellen entdeckten Mikroben gehörten zur Gruppe der Archaeen, berichten die Forscher. Diese als besonders urtümlich geltenden Einzeller bilden neben Bakterien und den zellkerntragenden Organismen die dritte Gruppe des Organismenreichs. „Wir fanden zwischen 1.000 und 10.000 Zellen pro Milliliter Seewasser, das sind viel weniger als in den Meeren“, sagt Ionescu. Mit Hilfe molekularbiologischen Methoden habe man herausgefunden, dass die Einzeller in den Biofilmen unterschiedliche Strategien zur Energiegewinnung einsetzten. Einige Arten nutzten das Sonnenlicht als Energiequelle, andere die Oxidation von Schwefel. Während ihrer nächsten Expedition wollen die Forscher diese unterschiedlichen Überlebensstrategien der Mikroben genauer erforschen.

Grafische Darstellung verschiedener Quellensysteme an der Westküste des Toten Meeres. Links: an steilen Uferwänden können die Quellen keine tiefen Brunne bilden, rechts: an flacheren Hängen schon. © MPI für marine Mikrobiologie

Süßwasserquellen bilden tiefe Brunnen am Seegrund

Bisher konnte der Grund des Toten Meees kaum erforscht werden, weil die hohe Salzkonzentration im Wasser das Tauchen schwierig und gefährlich machte. Ausgerüstet mit modernster Tauchtechnik und Probenahmegeräten gelang es dem Forscherteam nun, mehrere neue Quellen zu kartieren und dort Wasser- und Sedimentproben zu nehmen. Im nördlichen Untersuchungsgebiet im Toten Meer bildeten die Quellen tiefe Brunnen, aus deren Boden das Süßwasser austrete, berichten die Wissenschaftler. Die Brunnen seien miteinander verbunden. Hundert Meter lange Systeme in bis zu 30 Metern Wassertiefe seien dort bei den Tauchgängen entdeckt worden.

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Die Auswertung der Wasserproben habe unter anderem ergeben, dass das Seewasser an verschiedenen Stellen sehr unterschiedlich zusammengesetzt ist, berichten die Wissenschaftler. Forscher des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung in Halle sind zurzeit dabei, die Zusammenhänge zwischen den Quellen am Seegrund und dem Wasser des Sees genauer zu untersuchen. Das Team um Ionescu wird zudem im Oktober 2011 eine weitere Tauchexpedition starten.

(MPI für marine Mikrobiologie, 23.09.2011 – NPO)

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