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Chemie

„Atom-Spionage“ im Marsgeröll

Eingeschleuste Fremdatome als Analysehelfer

Mössbauer-Spektrometer an Bord des Marsrovers © NASA/JPL

Der Effekt steckt hinter so unterschiedlichen Dingen wie neuartigen Sprengstoff-Detektoren, High-Tech-Sensoren für die Raumfahrt oder DVD-Rekordern mit hoher Speicherdichte. Gemeint ist das gezielte Einschleusen eines „Spionageatoms“ in ein festes Material, um daraus mehr über den Stoff zu erfahren. Vom 23. bis zum 27. August diskutieren Experten aus aller Welt auf einem Symposium an der Universität Bonn über diese Wechselwirkungen und ihre Anwendungen.

Es geht um Spionage, doch die Täter sind unvorstellbar winzig: „Wenn man ein festes Material ganz gezielt mit einzelnen Fremdatomen verunreinigt, kann man durch die Wechselwirkung dieser atomaren Agenten mit ihrer Umgebung viel über den Festkörper erfahren“, erklärt Dr. Reiner Vianden die Idee: Das Spionage-Atom wird durchelektromagnetische Felder beeinflusst und gibt daraufhin ein ganz charakteristisches Spektrum von elektromagnetischen Wellen ab. Dieses Spektrum verrät, wie es in der Umgebung des „Spions“ aussieht.

„Der Marsroboter Spirit nutzte beispielsweise den so genannten Mößbauereffekt, um Gesteine zu untersuchen“, so der Physiker vom Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik. Das Geröll auf dem Roten Planeten musste dazu gar nicht erst verunreinigt werden – in den Steinen sind genug Eisenatome, die sich von Spirit als Agenten anwerben ließen. Auch für Sprengstoff-Detektoren lässt sich der Effekt einsetzen. „In Plastiksprengstoff tauchen Stickstoff-Atome immer in einem ganz charakteristischen atomaren Umfeld auf“, erläutert Vianden. Auf dem Symposium stellt eine US-Firma eine neuartige Nachweismethode für Explosivstoffe vor, die auf diesem Prinzip basiert – einsetzbar beispielsweise in den Sicherheitsschleusen von Flughäfen. Selbst Drogen lassen sich auf diesem Wege aufspüren.

Nicht zuletzt macht sich die Halbleiter-Industrie den Effekt zu Nutze – beispielsweise, um blaue Laserdioden für DVD-Rekorder mit hoher Speicherdichte zu konstruieren. Diese Dioden enthalten das Material Galliumnitrid. Um die gewünschte Funktion zu erzielen, verunreinigen es die Hersteller ganz gezielt mit einigen wenigen Fremdatomen, die sie in das Galliumnitrid schießen – Fachleute sprechen von „Dotierung“. Wie eine Bowling-Kugel, die zwischen die Kegel fegt, können die Fremdatome die Kristallstruktur des Galliumnitrids ganz gewaltig stören. Das ist aber nicht im Sinne der Erfinder, die daher versuchen, die „Kegel“ wieder aufzurichten – zum Beispiel durch Erhitzung. „Man kann sich nun gewissermaßen auf die hereingeschossenen Fremdatome setzen und schauen, wie sich diese Maßnahmen auf deren Umgebung auswirken“, so Vianden.

(Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 17.08.2004 – NPO)

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