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Evolution

13.000 Jahre alter Urmenschen-Schädel ist „altmodisch“

Fossilfund aus Nigeria zeigt viele primitive Merkmale

Schädelfragmente von Iwo Eleru © PLoS ONE / CC-by-sa 3.0

Die Evolution des Menschen in Afrika lief offenbar viel komplizierter ab als bisher gedacht. Darauf deuten neue Untersuchungen von Fossilien aus der Iwo Eleru Höhle in Nigeria hin. Datierungen hätten ergeben, dass das dort ausgegrabene menschliche Skelett nur rund 13.000 Jahre alt sei. Dennoch ähnele die Schädelform der von viel älteren afrikanischen Frühmenschen, schreiben die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „PLoS ONE“.

Entdeckt wurden die jetzt aufs Neue untersuchten Frühmenschenfossilien bereits 1965 in der Iwo Eleru Höhle im Südwesten Nigerias. Wissenschaftler fanden einige Skelettteile, den Kieferknochen und einen Teil der Schädelkuppel in 80 bis 100 Zentimetern Tiefe. Erste Datierungen mittels Radiokarbonmethode ergaben damals ein Alter von rund 13.000 Jahren. In ihrer erneuten Analyse habe sich dies bestätigt, schreibt das internationale Forscherteam. Insbesondere der vordere Schädelteil sei deutlich stärker abgeflacht als beim modernen Menschen. Die Augenbrauenwülste standen etwas mehr vor.

Knapp ein Jahrzehnt später hatte der Anthropologe Chris Stringer vom Natural History Museum in London den Schädel erstmals näher untersucht. Er stufte ihn damals zwar als insgesamt eher „modern“ ein. Stringer stellte aber auch zahlreiche primitive Merkmale fest, darunter eine sehr lange, flache Schädelform und eine niedrige Stirn und Scheitelknochen.

Schädel ähnelt hunderttausend Jahre älteren Formen

In einer weiteren Studie führten die Forscher einen statistischen Vergleich der Schädelabmessungen des Iwo Eleru-Menschen mit verschiedenen Menschenarten durch. Untersucht wurden Neandertaler, Homo erectus, Homo heidelbergensis, der moderne Homo sapiens und die vor mehr als 100.000 Jahren lebenden Frühformen des Homo sapiens.

Die Wissenschaftler stellten dabei fest, dass Iwo Eleru einigen frühen Homo sapiens-Formen am ehesten ähnlich sah – obwohl diese fast 100.00 Jahre älter waren als er. Die größte anatomische Übereinstimmung habe man mit dem in Tansania gefundenen Ngaloba-Schädel gefunden. Dieser sei sogar um die 140.000 Jahre alt, sagen die Wissenschaftler.

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„Unsere Analyse weist darauf hin, dass die Funde von Iwo Eleru eine Schädelanatomie besaßen, die in ihrer Form zwischen primitiveren Frühmenschen, wie dem Neandertaler oder dem Homo erectus, und dem modernen Menschen steht“, sagen die Forscher. Die festgestellten Schädelmerkmale lägen damit deutlich außerhalb der Variationsbreite für den modernen Homo sapiens. Das sei erstaunlich, da der moderne Mensch vor 13.000 Jahren längst etabliert war und frühere Menschenformen zu dieser Zeit als bereits ausgestorben galten.

Primitive und moderne Merkmale mischten sich in Afrika

Das jetzt in einer neuen Datierung bestätigte junge Alter des Iwo Eleru Schädels belege, dass primitive Merkmale sehr viel länger überlebt hätten und die menschlichen Populationen in Afrika offenbar viel durchmischter gewesen seien als bisher angenommen, konstatieren die Wissenschaftler. Diese Erkenntnis stimme gut mit den Ergebnissen einer jüngst veröffentlichten genetischen Analyse überein. In ihr hatten Forscher herausgefunden, dass der moderne Mensch im südlichen Afrika noch längere Zeit gemeinsam mit primitiveren Frühmenschenarten lebte und sich auch mit ihnen paarte.

Die Evolution des modernen Menschen in Afrika sei offenbar ein vielschichtiger Vorgang gewesen, meint Katerina Havarti von der Universität Tübingen, die Hauptautorin der Studie. Populationen früherer Menschenformen, ihre Merkmale und ihre Gene seien länger in Afrika zu finden gewesen, als man bisher gedacht hätte. (PloS ONE, 2011; doi:10.1371/journal.pone.0024024).

(Universität Tübingen / PLoS ONE, 19.09.2011 – NPO)

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