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Physik

Ionen erstmals mittels Mikrowellen verschränkt

Forschern geling wichtiger Schritt in Richtung Quantencomputer

Experimenteller Aufbau mit Chipfalle © Yves Colombo / National Institute of Standards and Technology

Einem US-amerikanischen Forscherteam ist es in einem neuen Experiment erstmals gelungen, Ionen mittels Mikrowellen für den Einsatz in einem Quantencomputer zu verschränken. Wie das Wissenschaftsmagazin „Nature“ berichtet, haben die Wissenschaftler damit eine wichtige Methode für die mögliche Realisierung eines integrierten Quantencomputers mit Ionen entwickelt.

Verschränkung ist eine faszinierende Konsequenz der Quantenmechanik. In unserem Alltag gilt es als selbstverständlich, dass zum Beispiel zwei gemeinsam geworfene Münzen unabhängig voneinander jede für sich zufällig „Kopf oder Zahl“ zeigen. In der Welt der Quantenmechanik könnten die beiden Münzen nun so manipuliert werden, dass, wenn eine Münze Zahl oder Kopf zeigt, die andere jeweils genau das gleiche Ergebnis liefert, und umgekehrt. Man spricht dann von einer Verschränkung der beiden Münzen oder – wenn man „Kopf oder Zahl“ wie in einem Computer mit den Werten Null und Eins identifiziert – auch von einem sogenannten verschränkenden Quantenlogikgatter.

Leistungsfähige Quantencomputer

Solche verschränkenden Gatteroperationen sind ein wesentlicher Bestandteil eines Quantencomputers, der eines Tages bestimmte Probleme in Physik, Mathematik und bei der Ver- und Entschlüsselung wesentlich schneller lösen könnte als der schnellste herkömmliche Supercomputer.

Ionen, also einzelne elektrisch geladene Atome, sind eines der experimentell am weitesten fortgeschrittenen Quantensysteme auf dem Weg zu einem realistischen Quantencomputer. In einer Reihe von grundlegenden Experimenten, die am National Institute of Standards and Technology (NIST) in Boulder und in anderen Gruppen weltweit durchgeführt worden sind, konnten Ionen als Quantenbits – abgekürzt Qubits – mit Hilfe von Laserstrahlen bereits erfolgreich verschränkt werden.

Chipfalle mit Mikrowellenquelle

Die Forschergruppe am NIST hat nun gezeigt, dass man solche Operationen nicht nur mit einem komplexen, raumfüllenden Lasersystem realisieren kann, sondern auch mit miniaturisierter Mikrowellenelektronik, wie sie zum Beispiel in Mobiltelefonen Verwendung findet.

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Um die Verschränkung zu erzeugen, integrierten die Physiker die Mikrowellenquelle in die Elektroden einer so genannten Chipfalle, einer mikroskopischen chipartigen Struktur zur Speicherung und Manipulation der Ionen in einer Vakuumzelle.

Verschränkung funktioniert in 76 Prozent aller Fälle

„Weil Mikrowellenfelder unkomplizierter und in einer einfacher kontrollierbaren Weise erzeugt werden können als Laserstrahlen, könnte diese Methode uns helfen, leistungsfähigere und fehlertolerantere Experimente zu bauen“, erklärt Professor Christian Ospelkaus, der mittlerweile im Exzellenzcluster QUEST (Centre for Quantum Engineering and Space-Time Research) an der Leibniz Universität Hannover und an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig tätig ist.

In ihrem Experiment haben die Wissenschaftler zudem die Erfolgsquote bei der Verschränkung charakterisiert und gezeigt, dass die Verschränkung der Ionen mit Mikrowellen in 76 Prozent aller Fälle funktioniert. Die bereits seit mehreren Jahren in der Forschung verwendeten laserbasierten Quantenlogikgatter sind mit einer Quote von 99,3 Prozent derzeit noch besser als die Gatter auf Basis von Mikrowellen.

Viele Verbesserungsmöglichkeiten

Das neue Experiment hat nach Angaben der Wissenschaftler aber einen ganz entscheidenden Vorteil: Es beansprucht nur ungefähr ein Zehntel des Platzes eines Laser-Experiments und ist auf Basis dieses Pionierexperimentes noch deutlich optimierbar. In ihrer Studie zeigt die Forschergruppe sogar bereits eine Reihe von Verbesserungsmöglichkeiten auf, die die Erfolgsquote weiter steigern könnten.

„Dass wir die Kontrolle der Qubits mit Hilfe der Mikrowellentechnik in die Fallenstruktur integriert haben und dadurch den Aufbau eines riesigen Lasersystems vermieden haben, ist ein wichtiger Schritt. In Zukunft könnten so durch diese Methode mehr und mehr Qubits verarbeiten werden“, so Ospelkaus weiter. (Nature, 2011; doi:10.1038/nature10290).

(Leibniz Universität Hannover, 24.08.2011 – DLO)

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