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Medizin

Warum Malaria-Erreger so flexibel sind

Plasmodium falciparum kann sein Zellskelett bei Bedarf schnell verändern.

Er infiziert Menschen und Mücken, verändert dabei vielfach die Form und bewegt sich schnell im Körper des Wirtes: Der Malaria-Erreger Plasmodium falciparum beweist eine erstaunliche Wandlungsfähigkeit und Beweglichkeit. Deren molekulare Grundlagen haben Forscher des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) untersucht. Sie fanden heraus: Der Erreger reguliert sein Zellskelett höchst flexibel auf eine ungewöhnliche Weise – mit biochemischen „Werkzeugen“, die in der Form kein anderer Einzeller besitzt. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher im Fachmagazin „Journal of Biological Chemistry“.

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Das Zell- oder Zytoskelett, eine molekulare Stützstruktur höher entwickelter Zellen, spielt eine wichtige Rolle bei der Fortbewegung im infizierten Wirt. Auch für die Prozesse beim Eindringen in die Zielzellen – Leberzellen und rote Blutkörperchen – ist es von entscheidender Bedeutung. Die HZI-Wissenschaftler entschlüsselten jetzt, wie bestimmte Faktoren das Zellskelett des Malaria-Erregers beeinflussen – Proteine, über die kein anderer Einzeller verfügt.

Zwei Proteine kontrollieren Zellskelett

Um sich im Wirt fortzubewegen, ist auch Plasmodium falciparum auf die feine Regulation seines Zellskeletts angewiesen. Dieses besteht aus so genannten Aktin- Bausteinen, die sich zu Fäden, den Filamenten, zusammenlagern können. Die Länge der Filamente kann durch Regulatorproteine verändert werden. Die Wissenschaftlerin Inari Kursula schaute sich zwei Proteine genauer an, die den Auf- und Abbau der Aktin-Filamente regulieren: ADF1 und ADF2. Beide Faktoren verhalten sich sehr unterschiedlich – obwohl sie eng miteinander verwandt sind: Während ADF1 nur die einzelnen Bausteine des Aktin-Zellskeletts bindet und sie für den Einbau in die Filamente vorbereitet, macht ADF2 genau das Gegenteil: Es zerteilt lange Aktin-Filamente.

„Es ist ungewöhnlich, dass der Malaria-Erreger zwei unterschiedliche ADF- Proteine besitzt“, erklärt

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Kursula. Plasmodium gehört zur Familie der einzelligen Protozoen. Normalerweise besitzen alle Protozoen nur ein einzelnes ADF, das Filamente schneidet. Zusätzlich seien die Aktin-Filamente nur kurz, so Kursula weiter. Dies sei ebenfalls ungewöhnlich.

Um die Unterschiede in der Funktion zu untersuchen, entschlüsselte die Wissenschaftlerin mit ihren Kollegen der Universität Oulu in Finnland mithilfe von hoch modernen Lichtquellen am Forschungszentrum DESY in Hamburg und am MAX-Lab im schwedischen Lund die Struktur der beiden

Faktoren. Dabei entdeckten sie, dass das filamentschneidende ADF2-Protein eine Art molekulare Schaufel besitzt, die sie im Filament zwischen die einzelnen Bausteine schiebt. Die Folge: Das Filament wird destabilisiert und getrennt. ADF1 hingegen fehlt die Stelle, die benötigt wird, um Filamente zu binden. Vielmehr bindet und aktiviert das Protein die einzelnen Aktinbausteine und sorgt somit für einen konstanten Nachschub an Aktin, der in das wachsende Filament eingebaut werden kann.

Anpassung an zwei Wirte?

Die ungewöhnliche Regulation des Zellskeletts des Malaria-Erregers könnte eine Anpassung an die beiden sehr unterschiedlichen Wirte Mensch und Moskito zu sein, so Kursula. Als Parasiten müssen Plasmodien ihr Zellskelett schnell verändern können, um sich fortzubewegen und Zellen zu

infizieren. Die kurzen Filamente und die beiden verschiedenen ADFs scheinen hierbei eine wichtige Rolle zu spielen. „Das Wissen über die ungewöhnlichen Mechanismen im Malaria-Erreger könnte helfen, einen alternativen Ansatz für neue Medikamente oder Therapien zu entwickeln“, sagt Kursula. (J Biol Chem. 2011

Aug 12;286(32):28256-64)

(Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, 18.08.2011 – NPO)

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