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Geowissen

Mond jünger als angenommen?

Neue Datierung von lunarem Gestein widerspricht gängiger Theorie

Vollmond © Luc Viatour / GFDL

Der Mond ist entweder deutlich jünger als angenommen oder er besaß nie einen Magmaozean. Das postuliert ein internationales Forscherteam jetzt im Fachmagazin „Nature“. Beides widerspräche gängiger Theorie. Doch nach Ansicht der Forscher legt ihre Untersuchung von Mondgestein diese Schlussfolgerung nahe.

Nach gängiger Theorie entstand der Mond, als ein marsgroßer Protoplanet mit der noch jungen Erde kollidierte. Aus den ins All geschleuderten Trümmern bildete sich der Erdtrabant. Anfangs bedeckte ein hunderte Kilometer dicker Ozean aus flüssigem Magma den jungen Mond. Als dieser kurz darauf erstarrte, entstanden die ersten Minerale und Gesteine der Mondkruste. „Der Erdmond ist das archetypische Beispiel für diese Art der Differenzierung“, erklären Lars Borg vom Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornieund seine Kollegen. Dieses Szenario habe den großen Vorteil, die Bildungsmechanismen aller auf dem Mond vorkommenden Gesteine erklären zu können.

Gängige Theorie passt nicht zur neuen Datierung

Doch ihre Untersuchungen von Mondgestein ergaben nun Werte, die mit diesem Szenario nicht übereinstimmen. Die Wissenschaftler hatten mit Hilfe mehrerer Methoden das Alter eines Gesteins bestimmt, das als besonders ursprünglich gilt. Dieses sogenannte Anorthosit soll aus der Zeit der Mondentstehung stammen. „Bisher haben Versuche, diese Gesteinssorte zu datieren, widersprüchliche Ergebnisse geliefert“, schreiben die Forscher im Fachmagazin „Nature“. Daher hätten sie die Standardmethoden verbessert und ausgeweitet.

Ihre Datierung ergab, dass das lunare Anorthosit erst vor 4,36 Milliarden Jahren entstanden sein kann. Das entspricht einer Zeit rund 200 Millionen Jahre nach Bildung des Sonnensystems. Bisher hatten Wissenschaftler die Bildung des Mondes und seiner ersten Gesteine viel früher angesiedelt.

Das jetzt gemessene außerordentlich junge Alter könnte daher kommen, dass sich der Mond signifikant später verfestigte. „Das bedeutet, dass sich der Mond erst relativ langsam nach der Kollision verfestigte oder dass er genügend Hitze in sich trug, um die Bildung fester Gesteine zu verzögern“, sagen die Forscher.

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Regionale Schmelzen statt Magmaozean?

Möglich sei aber auch, dass die Mondoberfläche sich anders gebildet habe als bisher angenommen. Den lunaren Magamozean habe es dann nicht gegeben. Stattdessen war die Mondoberfläche immer nur teilweise geschmolzen, die Gesteine entstanden daher zu unterschiedlichen Zeiten. „Dieses Szenario eines seriellen Magmatismus hätte den Vorteil, dass es auch die bisher älter datierten Mondgesteinsproben erklären könnte“, schreiben Borg und seine Kollegen.

Der große Nachteil sei aber, dass die Theorie eines lunaren Magmaozeans auf starken Belegen basiere. Zahlreiche chemische und geologische Merkmale, sowie Isotopenverteilungen von Mondgestein sprechen dafür. Stellte sich die Theorie als falsch heraus, müsse auch die Entstehung anderer Gesteinsplaneten und Monde neu überdacht werden, schreiben die Forscher.

Eine eindeutige Antwort darauf, was damals ihrer Ansicht nach geschah, liefern sie allerdings nicht. Sie schließen ihren Artikel mit einer Abwägung der Argumente für oder gegen beide Szenarien. Damit kratzen sie zwar an der gängigen Theorie, bieten aber noch keine wasserdichte Alternative. (Nature, 2011; DOI:10.1038/nature10328)

(Nature, 18.08.2011 – NPO)

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