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Medizin

Stammzellen als Herzschrittmacher

Gezüchtete Herzmuskelzellen als biologischer Taktgeber

Biologische Herzschrittmacher aus Stammzellen könnten künftig eine Behandlungsalternative zu elektronischen Schrittmachern bieten. Ein Forschungsprojekt an der Universitätsklinik Heidelberg arbeitet daran, mithilfe von Stammzellen die Ionen-Kanäle im Herzmuskel, die als Taktgeber fungieren, gezielt zu beeinflussen.

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Der Herzschlag wird durch körpereigene elektrische Impulse erzeugt. Taktgeber ist dabei der Sinusknoten im Herzen, ein Bündel spezialisierter Nervenzellen. Von dort läuft der Impuls über ein Reizleitungssystem durch den Herzmuskel, das Herz zieht sich zusammen. Bei Herzrhythmusstörungen können sowohl der Sinusknoten als auch das Reizleitungssystem gestört sein. Die Folge: Das Herz schlägt zu schnell, zu langsam oder unregelmäßig. Ist der Herzrhythmus zu langsam, kann ein elektronischer Herzschrittmacher als künstlicher Impulsgeber einspringen. Er bringt allerdings auch Nachteile mit sich: Der chirurgische Eingriff ist mit einem, wenn auch geringen, Risiko verbunden, die Operation muss zudem regelmäßig wiederholt werden, um die erschöpfte Batterie auszutauschen und der Puls kann auch mit Schrittmacherunterstützung nur begrenzt körperlichen Anstrengungen angepasst werden. Elektrische und magnetische Felder sowie bestimmte mechanische Belastungen können zudem den Schrittmacher aus dem Takt bringen.

„Diese Risiken sind beherrschbar“, erklärt Dr. Dierk Thomas. „Trotzdem versuchen wir, einen biologischen Herzschrittmacher zu entwickeln, der die Therapiemöglichkeiten verbessert. Wir möchten aus Stammzellen Herzmuskelzellen züchten, die wir als biologischen Herzschrittmacher in das kranke Herz einbringen“, erklärt Dr. Dierk Thomas das Ziel seines Projekts.

Dazu untersuchen die Heidelberger Forscher zunächst die winzigen Kanäle, die in der Wand der Herzmuskelzellen sitzen. Diese lassen geladene Teilchen, „Ionen“, geregelt ein- und ausströmen und regulieren dadurch den elektrischen Herzschlag-Impuls. „Zuerst müssen wir genau verstehen, wie diese Kanäle arbeiten. Dann werden wir die Erbinformation für die Schrittmacher-Kanäle in Stammzellen einbringen, die sich zu Herzmuskelzellen entwickeln.“ Als Transportsystem für die Kanal-Gene nutzen die Wissenschaftler Viren, die für den Menschen ungefährlich sind, so genannte Adenoviren.

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Die Forscher sehen zwei Alternativen auf dem Weg zum biologischen Herzschrittmacher: Entweder implantieren sie über einen Herzkatheter die Stammzellen direkt in das kranke Herz. Dort reifen die Zellen zu intakten Herzmuskelzellen und erzeugen den elektrischen Herzschlag-Impuls. Oder die Wissenschaftler bringen die Stammzellen zuerst im Labor in ein künstliches Herzgewebe ein, wo sie sich vermehren und sich zu Herzmuskelzellen entwickeln. „Aus solch einem künstlichen Herzgewebe, dem „engineered heart tissue“, können wir die fertigen Herzzellen regelrecht ernten und sie dann in das kranke Herz einbringen“, beschreibt Thomas die Vorteile dieses Systems. Läuft alles nach Plan, rechnen die Wissenschaftler damit, in ca. vier Jahren erste klinische Studien mit einem biologischen Herzschrittmacher durchführen zu können.

In ihren Forschungsarbeiten untersuchen die Wissenschaftler auch die Möglichkeiten, Herzrhythmusstörungen mit Medikamenten zu behandeln. Bisher gibt es vor allem Wirkstoffe für Patienten mit einem zu schnellen Herzschlag. Es fehlen Medikamente, um einen zu langsamen Herzrhythmus zu behandeln. „Da gibt es einen großen Bedarf. Wenn wir verstehen, wie die Schrittmacher-Kanäle in der Wand von Herzmuskelzellen reguliert werden, können wir mit Medikamenten in diese Mechanismen eingreifen“, blickt Thomas in die Zukunft.

(Universitätsklinikum Heidelberg, 13.08.2004 – NPO)

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