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Klima

80 Prozent der Klimadaten in Gefahr

Historische Wetteraufzeichnungen zum großen Teil nicht digitalisiert

Nichts ist für die Klimaforschung wichtiger als Daten. Doch nur 20 Prozent aller weltweit gesammelten Wetteraufzeichnungen sind der Wissenschaftlergemeinschaft zugänglich. Das hat die Studie einer spanischen Forschergruppe ergeben. Die restlichen 80 Prozent der unersetzlichen Informationen seien nicht digitalisiert und teilweise ungeschützt dem Zerfall ausgeliefert. Es drohe der Verlust wertvoller, über Jahrhunderte hinweg gesammelter Daten, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Climate Research“.

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Trotz ausdrücklicher Empfehlung der World Meteorological Organization (WMO) würden viele Länder ihre historischen Wetterarchive weder für die Forschung noch für eine Übertragung in haltbarere Formate öffnen. Nach Einschätzung der Forscher gefährdet diese Praxis auch die Vorhersage von Wetterextremen und Klimaveränderungen.

„Das Unvermögen, die Botschaften der Klimaaufzeichnungen der Vergangenheit zu entziffern, wird auch zu sozioökonomischen Folgen führen. Denn wir werden dadurch unfähig, mit gegenwärtigen und zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels und einer wärmeren Welt zurecht zu kommen“, sagt Studienleiter Manola Brunet von der Rovira i Virgili Universität im spanischen Tarragona. Seiner Ansicht nach sollte die UN eine Resolution verabschieden, die dazu beiträgt, die bisher bestehenden legalen und politischen Hürden für eine Datenrettung und Digitalisierung zu überwinden.

Datenbestände reichen teilweise bis ins 17. Jahrhundert zurück

Wetterdienste in allen Ländern der Welt sitzen auf ganzen Archiven voller Wetterdaten. In Europa reichen diese zurück bis in die Anfänge der Wetteraufzeichnungen im 17. Jahrhundert. Doch um diese nur auf Papier erfassten Daten Wissenschaftlern in aller Welt zugänglich zu machen und sie vor dem Zerfall zu retten, müssen sie digitalisiert werden.

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Dafür seien aber meist keine Gelder da, sagen die spanischen Forscher. Der Fokus liege in vielen Ländern nur auf der kurzfristigen Wettervorhersage, die auch ohne umfangreiche historische Datenauswertung auskomme. Eine löbliche Ausnahme mit etablierten Programmen zur Datenrettung und Umwandlung in digitale Formate seien einige europäische Länder, darunter auch Deutschland, sowie die USA und Kanada.

„Es waren diese Maßnahmen, die es ermöglichten, die Hitzewelle des Jahres 2010 in Osteuropa und Russland klimatologisch zu erklären und in einen Kontext zu bringen“, sagen die Wissenschaftler. Wenn es Zugang zu allen historischen Daten gäbe, könnten Klimaforscher die Häufigkeit, mit der solche Phänomene in Zukunft auftreten, mit weitaus höherer Treffsicherheit vorhersagen.

Digitalisierung umfasst Transfer und Qualitätskontrolle

Die von der WMO empfohlenen und bisher nur in Nordamerika und Europa durchgeführten Maßnahmen zur integrierten Datenrettung (DARE) umfassen die Übertragung der Wetterdaten in Datenbanken – mit allen Fehlern. Zu Kontrollzwecken werden die Originalblätter für den späteren Abgleich fotografiert. Erst dann erfolgt eine Qualitätskontrolle der Daten und eine mögliche Korrektur beispielsweise von Schreibfehlern und Zahlendrehern.

„Diese DARE-Maßnahmen schulden wir auch der mühseligen Arbeit der Wetterbeobachter vergangener Zeiten, die den Zustand unserer Atmosphäre gewissenhaft und konsequent gemessen und notiert haben“, sagt Brunet. Es müsse sichergestellt werden, dass diese atmosphärischen Beobachtungen nicht für immer verloren gehen. (Climate Research, 2011; DOI: 10.3354/cr00960)

(Climate Research / Rovira i Virgili Universität / dapd, 28.07.2011 – NPO)

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