Nach fast vier Jahren Flug durch das Weltall hat die NASA-Raumsonde Dawn ihr Ziel, den Asteroiden Vesta, erreicht. Eine so genannte Framing Camera hat bereits begonnen, die Oberfläche des Asteroiden aufzuzeichnen. Mit diesen Daten haben Forscher jetzt die ersten detaillierteren 3D-Aufnahmen des Südpols von Vesta erstellt. Sie zeigen unter anderem ein 460 Kilometer breites „Loch“ – den Krater eines gewaltigen Einschlags.
Ein Berg, Einschlagskrater, Gebiete mit Furchen und Aufwölbungen – auf den ersten Stereobildern des DLR erhält man bereits eine sehr gute Vorstellung von der Oberfläche des Asteroiden Vesta in drei Dimensionen. Noch sind die Daten, die Dawn aus einer Umlaufbahn in etwa 16.000 Kilometern Höhe aufzeichnet, nicht für hochpräzise Höhenmodelle ausreichend, sondern dienen dazu, die Bearbeitungsprozesse der Daten zu testen: „Wir erhalten aber einen ersten Eindruck und wissen nun, worauf wir achten müssen, wenn die Kamera aus niedrigeren Umlaufbahnen den Asteroiden vermisst“, sagt DLR-Planetenforscher Ralf Jaumann.
Noch näher heran
Schon im August soll die Sonde in einer Entfernung von nur noch 2770 bis 2720 Kilometern über Vesta fliegen und sich im Laufe eines Jahres bis auf etwas weniger als 200 Kilometer Höhe hinunterschrauben. Wie bei Missionen zu Mars, Mond oder Merkur werden die Berliner DLR-Forscher dann die Oberfläche des bisher noch nicht erforschten Asteroiden kartografieren und ein dreidimensionales Geländemodell berechnen. „Für diese Aufgabe machen wir uns zurzeit mit den Besonderheiten von Vesta vertraut und bereiten uns auf die Verarbeitung der Stereodaten vor.“ Bisher berechneten die Wissenschaftler unter anderem erste Anaglyphenbilder, so genannte Stereogramme, bei denen der Asteroid mit einer Rot-Grün-Brille plastisch zu sehen ist, und projizierten die Fotoaufnahmen der Dawn-Kamera auf eine Kugelform, um eine erste Orientierung auf Vesta zu ermöglichen
Asteroid eröffnet Blick in die Vergangenheit des Sonnensystems
Für die Planetenforscher ist Vesta – das erste von zwei Zielen der Dawn-Mission – ein spannendes Untersuchungsobjekt: Der Asteroid, der am 29. März 1807 von dem Deutschen Heinrich Olbers entdeckt wurde, hat nach seiner Entstehung vor etwa 4,5 Milliarden Jahren eine Phase der Aufschmelzung und Abkühlung durchlaufen, danach aber seine Gestalt und seinen Aufbau nur noch wenig verändert. Somit bietet Vesta eine Art Momentaufnahme der ältesten geologischen Prozesse im Sonnensystem.
Zu dieser Zeit verhinderte die starke Anziehungskraft des Planeten Jupiters, dass in der Region des heutigen Asteroidengürtels, in der sich auch Vesta befindet, kein weiterer Planet entstehen konnte: Die einzelnen Fragmente, die bei der Entstehung von Planeten miteinander verschmelzen, brachen hier immer wieder auseinander. Das Ergebnis war der Asteroidengürtel mit seinen nie vollendeten Himmelskörpern. „Mit der Erforschung von Vesta erfahren wir mehr über die Geburtsstunde der Planeten“, sagt Jaumann. „Wir haben die Chance zu lernen, was passierte, als sich aus einer Wolke aus Gas und Staub die ersten Planeten bildeten.
Einsenkung am Südpol
Der unregelmäßig geformte Vesta gehört zu den größeren Asteroiden und hat einen Durchmesser von 530 Kilometern. Bei bisherigen Aufnahmen – zum Beispiel des amerikanischen Weltraumteleskops Hubble – konnten die Wissenschaftler am Südpol des Asteroiden eine große, kreisrunde Einsenkung von etwa 460 Kilometern Durchmesser mit einem gewaltigen Gebirge im Zentrum der Struktur entdecken. Das tiefe „Loch“ ist vermutlich durch die Kollision mit einem anderen Asteroiden entstanden. Die bei Einschlägen entstandenen Bruchstücke kreisen heute als Meteorite nicht nur um die Sonne, sondern einige von ihnen haben ihren Weg auch bis zur Erde gefunden.
Mit Vesta soll nun zum ersten Mal einen Asteroid über einen längeren Zeitraum aus der Nähe erforscht werden. Neben dem deutschen Kamerasystem (Framing Camera) sind noch ein abbildendes Spektrometer der italienischen Raumfahrtagentur Agencia Spaziale Italia (ASI) und ein vom Los Alamos National Laboratory gebauter Gammastrahlen- und Neutronendetektor an Bord der Raumsonde Dawn. „Für mich als Planetengeologe gibt es aber vor allem eine spannende Frage: Entdecken wir auf Vesta Spuren früher vulkanischer Aktivitäten, sozusagen die ersten geologischen Lebenszeichen eines Planeten?“, sagt Jaumann. „Schließlich fliegen wir in die Morgendämmerung des Sonnensystems.“
(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 19.07.2011 – NPO)