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Medizin

EHEC: Antikörper-Wirkstoff könnte schwer Erkrankten helfen

Behandlung von hämolytisch urämischem Syndrom (HUS) bei drei Kleinkindern erfolgreich

Der gefährliche Darmkeim EHEC breitet sich vor allem in Norddeutschland weiter aus. 1.200 Infektionen und mittlerweile zehn Todesfälle melden die Gesundheitsbehörden. Auch in Mecklenburg-Vorpommern wurde der Erreger in drei Gurkenproben nachgewiesen. Möglicherweise gibt es aber Hoffnung: Ein neues Medikament hat sich in klinischen Tests als wirksam gegen das hämolytisch urämische Syndrom erwiesen und könnte nun auch den Schwererkrankten helfen.

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Mit 1.200 Infizierten und zehn Toten hat der zurzeit grassierende enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) nach Angaben der EU-Seuchenkontrollbehörde ECDC in Kopenhagen eine der bisher schwersten Epidemien in Europa und die schwerwiegendste in Deutschland ausgelöst. 30 Patienten liegen zurzeit mit ausgefallener Nierenfunktion auf der Intensivstation, der Leiter des Hamburger Universitätsklinikums Eppendorf erwartet weitere Todesfälle. Noch immer ist nicht klar, wie und woher der Erreger eingeschleppt worden ist. Mittlerweile sind auch in Mecklenburg-Vorpommern in drei Gurkenproben die Darmbakterien entdeckt worden.

Erfolgreiche Behandlung mit monoklonalen Antikörpern

Für Menschen, die an einem schweren hämolytisch urämischen Syndrom (HUS) nach einer EHEC-Infektion leiden, gab es bisher nur eine symptomatische Behandlung. Jetzt jedoch berichten Ärzte und Wissenschaftler in Heidelberg, Montreal und Paris in der Online-Version des „New England Journal of Medicine“ von der erfolgreichen Behandlung des HUS mit einem neuen Wirkstoff. Drei an einem schweren hämolytisch urämischen Syndrom erkrankte Kleinkinder konnten damit im letzten Jahr geheilt werden.

Der monoklonale Antikörper Eculizumab greift in die zerstörerischen Immunreaktionen ein, die sich nach einer Infektion mit EHEC abspielen. Eculizumab bindet an das Protein C5, das die sogenannte Complement-Kaskade aktiviert und unter anderem zur Zerstörung von Blutzellen führt. Bei Infektionen mit EHEC löst der durch die Bakterien gebildete Giftstoff Shigatoxin diese Complement-Aktivierung aus. Eculizumab ist seit 2007 zugelassen und wird zur Behandlung einer seltenen Blutkrankheit sowie einer seltenen angeborenen Form des HUS eingesetzt.

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„Nachdem ein mehrmaliger Austausch des Blutplasmas ohne Wirkung geblieben war, haben wir uns zu einem Behandlungsversuch mit Eculizumab entschlossen“, berichtet Professor Franz Schaefer, Leiter der Sektion Pädiatrische Nephrologie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg. Innerhalb von 24 Stunden nach der ersten Infusion, die im Abstand von sieben Tagen ein- bis zweimal wiederholt wurde, verbesserte sich der klinische Zustand der Kinder dramatisch. Die Dialyse aufgrund des akuten Nierenversagens im Rahmen des hämolytisch urämischen Syndroms konnte beendet werden. Alle drei Kinder erholten sich und zeigten auch sechs Monate nach der Erkrankung keine Folgeschäden.

Hoffnung für akut Erkrankte

„Wir hoffen nun, dass diese Ergebnisse den akut Erkrankten zu Gute kommen“, so Schaefer. Er geht davon aus, dass auch erwachsene Patienten von einer Therapie mit dem Antikörper profitieren könnten. „Die Herausgeber des New England Journal haben aufgrund der Epidemie in Deutschland beschlossen, die bereits seit Februar vorliegende Publikation zu beschleunigen und sie nach Prüfung umgehend veröffentlicht“, so Schaefer. Außerdem wurde der Fachartikel an alle Nierenspezialisten in

Deutschland versandt.

Vor dem Hintergrund des noch anhaltenden, gravierenden Ausbruchsgeschehens mit zum Teil schweren gesundheitlichen Folgen empfiehlt das Robert-Koch-Institut nach wie vor, vorsorglich bis auf weiteres Tomaten, Salatgurken und Blattsalate insbesondere in Norddeutschland nicht roh zu verzehren. Wie bisher gilt, dass alle Personen mit Durchfall darauf achten sollten, dass strikte Hände-Hygiene eingehalten wird, insbesondere gegenüber Kleinkindern und immungeschwächten Personen. (New England Journal of Medicine, 2011; DOI: 10.1056/NEJMc1100859)

Mehr zum Thema in unserem Special: EHEC-Epidemie in Deutschland

(RKI, Universitätsklinikum Heidelberg, 30.05.2011 – NPO)

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