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Klima

Tiefsee beeinflusst Klima Westafrikas

Einfluss von äquatorialen Tiefenströmungen auf Niederschläge in Afrika nachgewiesen

Die Meeresoberflächentemperatur gehört zu den entscheidenden Faktoren für die Niederschlagsschwankungen über Westafrika. Bildet sich beispielsweise die sogenannte äquatoriale Kaltwasserzunge im Golf von Guinea in den Sommermonaten besonders früh aus, kann Westafrika auch schon früh im Jahr mit Niederschlägen rechnen. Ist sie insgesamt eher warm, lassen die Niederschläge über Land lange auf sich warten, sind dann aber stärker. © IFM-GEOMAR; nach Brandt et al. 2011.

Das Klima über Westafrika wird nicht nur durch Atmosphäre und Oberflächentemperatur des Atlantiks beeinflusst, sondern überraschenderweise auch durch Strömungen in der Tiefe des Ozeans. Das berichtet jetzt ein internationales Forscherteam in „Nature“. Ihrer Studie nach gibt es eine Verbindung zwischen Veränderungen von Tiefenströmungen des äquatorialen Atlantiks und periodischen Temperaturschwankungen an der Meeresoberfläche.

Der Niederschlag des westafrikanischen Monsuns hat eine herausragende Bedeutung für Landwirtschaft, Wasserressourcen und Gesundheit in einem der dichtbesiedelten Gebiete Afrikas. Wann und wie viel Regen in den Küstenstaaten nördlich des Golfes von Guinea fällt, wird unter anderem durch die Oberflächentemperatur des tropischen Atlantiks bestimmt. Die Details dieser Wechselwirkung zwischen Ozean und Atmosphäre sind bei weitem nicht alle entschlüsselt.

Messungen im tiefen Ozean

In einem groß angelegten, internationalen Forschungsprogramm, dem „Tropical Atlantic Climate Experiment“ (TACE), versuchen Experten daher den Mechanismen, Ursachen, und Wirkungen von Klimaschwankungen im tropischen Atlantik auf die Spur zu kommen. Der deutsche Beitrag zu diesem Programm besteht unter anderem aus Tiefseeverankerungen am Äquator. An diesen zeichnen Messgeräte kontinuierlich die Strömungsrichtungen und -geschwindigkeiten, den Salzgehalt und die Wassertemperatur auf und erlauben damit langfristige Veränderungen im tiefen Ozean zu beobachten. Darüber hinaus werden Messungen von frei in der Tiefe treibenden Messsonden, sogenannten Argo Floats, sowie Daten aus Satellitenmessungen genutzt.

Tiefenströmung verursacht regelmäßige Temperaturschwankung

Ozeanographen des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften konnten jetzt zusammen mit Kollegen aus den USA zeigen, dass es regelmäßige mehrjährige Temperaturschwankungen gibt, deren Ursache in den Tiefenströmungen des äquatorialen Atlantiks liegen und so die Niederschlagstätigkeit in Westafrika beeinflussen. „In den Messreihen der vergangenen zehn bis zwanzig Jahre haben wir bisher unbekannte Schwankungen der Oberflächenströmung und der Oberflächentemperatur des tropischen Atlantiks gefunden, die in einem regelmäßigen, viereinhalbjährigen Turnus wiederkehren“, erklärt Professor Peter Brandt vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR.

Ein sogenannter „Profiler“ ist eine Messsonde, die mit kilometerlangen Stahlseilen am Meeresboden verankert wird. An dem Verankerungsseil fährt der Profiler automatisch zwischen 1000 und 3500 Meter Tiefe auf und ab und misst dabei Strömung, Temperatur, Salzgehalt und Wasserdruck. Weiter oben am Verankerungsseil sind weitere Instrumente wie akustische Strömungsmesser, Temperatur- und Salzgehaltssonden angebracht. So können die Tiefen des Atlantiks kontinuierlich überwacht werden. © Mario Müller, IFM-GEOMAR

Ähnliche Schwankungen konnten die Wissenschaftler in so genannten „Deep Jets“ nachweisen. Das sind Tiefenströmungen in bis zu 3.000 Metern Wassertiefe mit Geschwindigkeiten von zehn bis 20 Zentimeter pro Sekunde in Ost-West-Richtung. Sie erstrecken sich entlang des Äquators quer durch den gesamten Atlantik. Ihre Strömungsrichtung jedoch kehrt sich mit der Tiefe alle paar hundert Meter um. „Diese Tiefenströmungen werden im tiefen Ozean erzeugt und ihre Energie wird offenbar durch die Wasserschichten nach oben weitergereicht, wo Oberflächenströmung und –temperatur beeinflusst werden“, so Brandt.

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Entstehung der Tiefenströmung muss noch erforscht werden

„Bisher haben wir bei der Erklärung von tropischen Klimaschwankungen immer nach oben, insbesondere in die Atmosphäre, geschaut. Unsere neuen Daten lenken unseren Blick erstmals auch in die Tiefe des Ozeans und eröffneten ganz neue Denkansätze.“ Die Oberflächentemperatur gehört wiederum zu den entscheidenden Faktoren für die Niederschlagsschwankungen über Westafrika.

„Wie groß der Einfluss der Tiefenströmungen ist und wie sie entstehen, wissen wir leider noch nicht genau“ sagt Brandt, „da liegt noch viel Arbeit vor uns“. Neue Daten wollen die Wissenschaftler auf der aktuellen Forschungsfahrt mit dem deutschen Forschungsschiff MARIA S. MERIAN gewinnen, die vom 11. Mai bis 19. Juni 2011 stattfindet. „Wir nehmen unsere Verankerungen am Äquator auf, legen sie neu aus und hoffen dann mit den neuen Daten, die Vorgänge in der Tiefsee besser zu verstehen und damit letztendlich auch zur Verbesserung der Klimavorhersage für Westafrika beizutragen“, erklärt Brandt.(Nature, 2011; doi: 10.1038/nature10013)

(Leibnitz Institut für Meereswissenschaften, 19.05.2011 – NPO)

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