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Genetik

Pilze: Gene entlarven Symbionten als Parasiten

Studie weist Parasiten-Gene bei Schimmelpilzen der Gattung Trichoderma nach

Konidiophoren von Trichoderma harzianum © ARS/USDA

Eine genetische Untersuchung brachte es ans Licht: Drei bisher für harmlose Symbionten gehaltene Schimmelpilze haben sich durch ihre Gene als hochtalentierte und opportunistische Parasiten entpuppt. Da die Pilzarten industriell und im Pflanzenschutz genutzt werden, spüielt diese jetzt im Fachjournal „Genome Biology“ publizierte Erkenntnis auch für die künftige Forschung an Biotreibstoffen und Pflanzenschutzmitteln eine wichtige Rolle.

Sie leben verborgen an Pflanzenwurzeln oder in fauligem Holz, doch was sich im Leben dieser Pilze abspielt, ist nur in Teilen bekannt. Im Rahmen eines internationalen Großprojektes haben jetzt Wissenschaftler der TU Wien drei besonders wichtige Schimmelpilzarten der Gattung Trichoderma genetisch genau untersucht. Trichoderma reesei ist ein Pilz, der die Fähigkeit besitzt, die Zellulose in Holz abzubauen. Die Enzyme, die er produziert, werden industriell in der Papier- und Textilindustrie und zur Herstellung von Bioethanol verwendet. Zwei weitere Spezies, Trichoderma atroviridis und Trichoderma virens, sind aus dem Pflanzenschutz bekannt.

Bekannt als vermeintlich harmlose Symbionten an Pflanzenwurzeln

Mit Bioinformatik-Methoden lässt sich viel über Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Pilzen, über ihre evolutionäre Entwicklungsgeschichte und über die Natur der im Erbgut kodierten Proteine herausfinden. Die drei untersuchten Arten gehen schon lange Zeit getrennte Wege: evolutionsbiologisch sind sie voneinander weiter entfernt als wir von Fischen oder Vögeln – doch trotzdem lassen sich noch immer bemerkenswerte Ähnlichkeiten feststellen. Sie leben oft in enger Verbindung mit Pflanzen, im Bereich der Wurzeln. Bisher hatte man gedacht, dass sie klassische Symbionten sind: Sie halten schädliche Mikroorganismen fern und können die natürlichen Verteidigungsmechanismen der Pflanze stärken, im Gegenzug nutzen sie beispielsweise Zuckerlösungen der Pflanze für sich selbst.

Gene enthüllen parasitische Neigung

Doch die Wirklichkeit sieht anders aus, wie die Genstudie jetzt enthüllt: „Nach Analyse unserer Daten stellt sich das erstaunlicherweise als bloßer Nebeneffekt heraus – es handelt sich nicht um richtige Symbionten“, so Kubicek. Den Pilzen geht es vielmehr darum, andere Pilze zu erwischen: Wie sich aus ihren Genen ablesen lässt, sind sie Mycoparasiten – Pilze, die andere Pilze befallen. Solche Pilz-Parasiten halten sich gerne dort auf, wo sich besonders viele andere Pilze befallen lassen – zum Beispiel eben im Wurzelwerk von Pflanzen. „Genau wie Löwen, die am Wasserloch warten, weil sich dort die Beutetiere eben auch gerne aufhalten“, wie Kubicek erklärt.

Neues Wissen wichtig für Biotechnologie

Die Fähigkeit von T. reesei, Zellulose abzubauen, ist eine evolutionär recht junge Neuerung. „Wenn man an diesen Pilzen forscht und noch bessere Stämme züchten möchte, muss man von nun an unbedingt mitbedenken, dass es sich eigentlich um Mycoparasiten handelt“, betont der Forscher. Wenn man über die Genetik der Pilze bescheid weiß ist es viel einfacher, durch gezielte Züchtung zu neuen Pilz-Stämmen zu gelangen, die sich für industrielle Zwecke einsetzen lassen. Wählt man ganz gezielt die Pilze mit den gewünschten genetischen Vorzügen aus, könnten sich besonders umweltfreundliche Pflanzenschutzmittel und wertvolle Enzyme für die Biotreibstoffproduktion gewinnen lassen. (Genome Biology, 2011; doi:10.1186/gb-2011-12-4-r40)

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(TU Wien, 18.05.2011 – NPO)

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