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Medizin

Ägyptische Prinzessin hatte schon Arterienverkalkung

Mumien enthüllen überraschend starke Verbreitung von Atherosklerose im Alten Ägypten

CT-Aufnahme einer Arterien-Verkalkung (weiß) in rechtem (RCA) und linkem (LCA) Herzkrankzgefäß © ESC

Schon die alten Ägypter litten überraschend häufig unter einer Arterienverkalkung. Das zeigt die computertomografische Untersuchung von 52 ägyptischen Mumien. Besonders schwer getroffen hatte es dabei die vor 3.500 Jahren gestorbene Prinzessin Ahmose-Meryet-Amun: Die Pharaonentochter ist der erste Mensch, bei dem Ärzte eindeutig eine Arterienverkalkung der Herzkranzgefäße diagnostiziert haben. Warum die Volkskrankheit trotz gesunder Lebensweise auch damals schon auftrat, ist noch unklar, Forscher sehen dies jedoch als Zeichen für die grundsätzliche Anfälligkeit des Menschen gegenüber dieser Krankheit.

Die ägyptische Prinzessin Ahmose-Meryet-Amun, lebte von 1580 bis 1550 vor Christus in der Stadt Theben. Der Nil mit seinen regelmäßigen Überschwemmungen der umliegenden Felder ermöglichte den wohlhabenden Ägyptern damals eine reiche und vielfältige Ernährung: Zu Ahmoses Speiseplan gehörten wahrscheinlich neben Weizen und Roggenprodukten wie Brot und Bier auch Gemüse, Früchte und selten auch das Fleisch einiger Tiere. Insgesamt eine durchaus gesunde, fettarme Ernährung also – zumal die Prinzessin vermutlich einen eher aktiven Lebensstil hatte.

Herzinfarkt mit 40 Jahren?

Und trotzdem könnte die Prinzessin mit nur 40 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben sein, wie jetzt eine neue Studie belegt. Im Rahmen der so genannten „Horus“-Studie hatte ein internationales Forscherteam insgesamt 52 ägyptische Mumien einer genauen Untersuchung mit Hilfe der Computertomografie unterzogen. Das Ziel der im Antikenmuseum in Kairo durchgeführten Analyse: herauszufinden, ob es auch im Alten Ägypten Fälle von Atherosklerose gab und wenn ja, wie stark diese ausgeprägt war. Bei uns längst zur Volkskrankheit geworden, führt die Atherosklerose zur Versteifung und Verengung wichtiger Blutgefäße und kann so Schlaganfälle oder Herzinfarkte nach sich ziehen.

Fast die Hälfte der untersuchten Mumien hatte Atherosklerose

Das Ergebnis der Studie zeigte, dass diese Krankheit offenbar auch im Alten Ägypten weit verbreitet war: Immerhin 20 der 44 untersuchten Mumien mit noch erhaltenen Arterien zeigten deutliche Anzeichen für eine Verkalkung der Gefäße. Sie gehörten mit einem durchschnittlichen Sterbealter von 45 Jahren zu den eher älteren Vertretern. Die gesunden Mumien dagegen hatten ein Durchschnittsalter von rund 34,5 Jahren. In drei Mumien konnten die Forscher sogar eine Verkalkung der Herzkranzgefäße sichtbar machen.

„Insgesamt war es erstaunlich, wie viel Atherosklerose wir fanden“, erklärt Gregory Thomas von der Universität von Kalifornien in Irvine. „Wir denken von Atherosklerose immer als einer Krankheit des modernen Lebensstils, aber es ist klar, dass es sie schon vor 3.500 Jahren gab. Unsere Ergebnisse stellen damit die Wahrnehmung der Atherosklerose als moderner Krankheit sicherlich in Frage.”

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Warum erkrankten schon die alten Ägypter?

Eine der am schwersten betroffenen „Patienten“ war Prinzessin Ahmose-Meryet-Amun: Bei ihr waren nahezu alle sichtbaren Arterien sklerotisch verändert. Das CT-Bild enthüllte auch die mögliche Todesursache, denn gleich zwei ihrer drei Haupt-Koronararterien waren von Arteriosklerose befallen. „In der heutigen Zeit würde sie dringend eine By-Pass-Operation brauchen“, so Thomas.

Warum aber erkrankten die Prinzessin und ihre Zeitgenossen überhaupt an der Volkskrankheit – trotz ihrer gesunden Lebensweise? Nach Ansicht von Thomas und seinem Kollegen Adel Allam von der Al Azhar Universität in Kairo gibt es dafür drei mögliche Erklärungen: Zum einen könnte eine genetische Veranlagung die Ägypter für diese Erkrankung prädestiniert haben. Es ist bekannt, dass auch heute einige Fälle auf genetische Faktoren zurückgehen. Zum zweiten wäre aber auch möglich, dass die häufigen Parasiteninfektionen, unter denen die Menschen damals litten, im Körper chronische entzündliche Prozesse auslösten. Diese wiederum könnten eine Atherosklerose fördern.

Oder aß die Prinzessin doch zu ungesund?

Und auch einen Effekt der Ernährung können die Forscher nicht ausschließen. Zwar war die normale Ernährung der damaligen Ägypter sehr gesund, aber Prinzessin Ahmose-Meryet-Amun stammte nicht aus gewöhnlichen Verhältnissen: Ihr Vater Seqenenre Tao II war der letzte Pharao der 17. Dynastie und damit waren sie und ihr Haushalt privilegiert – auch in der Ernährung.

Möglicherweise aß Prinzessin Ahmose daher mehr Luxus-Lebensmittel wie Butter, Käse und Fleisch als ihre Zeitgenossen. Außerdem wurden damals viele Lebensmittel mit Salz haltbar gemacht, was ebenfalls eine Atherosklerose fördern kann. Für eine Rolle der Ernährung selbst damals spricht nach Ansicht der Forscher das Überwiegen der Atherosklerose bei den in höherem Lebensalter gestorbenen Mumien. Dieses Muster entspricht ziemlich genau dem, das auch heute noch in der Krankheitsstatistik zu beobachten ist.

„Aktuelle Studien haben gezeigt, dass Nichtrauchen, niedriger Blutdruck und ein niedriger Cholesterinspiegel die Verkalkung der Arterien verzögern kann“, erklärt Randall C Thompson vom St Luke’s Mid-America Heart Institute in Kansas City. „Aus dieser Studie wissen wir nun, dass wir Menschen offenbar grundsätzlich zur Atherosklerose neigen. Daher sollten wir uns erst recht bemühen, diese Erkrankung so lange hinauszuzögern, wie wir können.“

Die Ergebnisse der Horus-Studie und der Abbildung der Koronar-Arterien der Prinzessin werden während der Internationalen „Conference of Non-Invasive Cardiovascular Imaging“ (ICNC) vom 15. bis 18. Mai in Amsterdam vorgestellt.

(European Society of Cardiology (ESC), 18.05.2011 – NPO)

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