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Energie

Panne im Kernkraftwerk Biblis A vertuscht

Kraftwerks-Mitarbeiter spielt Greenpeace interne Protokolle zu

Das RWE Atomkraftwerk Biblis: Die Außenansicht mit Kühltürmen und Reaktorkuppeln von Block B (links) und Block A (rechts). © Paul Langrock/ Zenit/ Greenpeace

Interne Dokumente aus dem hessischen Atomkraftwerk Biblis A belegen laut Greenpeace einen gefährlichen Störfall im letzten Jahr, der nicht gemeldet wurde. Die Dokumente wurden der Umweltschutzorganisation von einem Mitarbeiter des Kraftwerkes zugespielt. Der 1974 ans Netz gegangene Reaktor ist zurzeit wegen des Moratorium stillgelegt, über ein mögliches Wiederanfahren muss noch entschieden werden.

Die Umweltorganisation Greenpeace hat von einem Mitarbeiter des Kernkraftwerks Biblis A interne Dokumente ehralten, die eine nicht dokumentierte technische Panne belegen. Das zugespielte Protokoll beschreibt, wie die innere Reaktordruckbehälter-Dichtung beim Anfahren des Reaktors am 20. Oktober 2010 undicht wurde und zu hohem Druck in der Reaktordruckbehälter-Doppelringdichtung führte. Nur die äußere Deckeldichtung des 37 Jahre alten Reaktors konnte ein Leck verhindern.

Panne nicht ghemeldet

Im Jahr 2010 wurde die Anlage bereits zwei Mal wegen Wartungsarbeiten und Überprüfungen vom Netz genommen. Als am 20. Oktober der vorliegende Mangel auftrat, wurde jedoch weder die Anlage herunter gefahren, noch erscheint der Vorfall in der Liste der meldepflichtigen Ereignisse des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). Unbekannt ist zudem, ob der Schaden vom Kraftwerksbetreiber RWE behoben wurde.

„Der Reaktordruckbehälter ist das Herzstück des Atomreaktors. Hier darf eine defekte Dichtung nicht ignoriert werden. Ein plötzliches Versagen des Reaktordruckbehälters könnte zu radioaktivem Dampf im Sicherheitsbehälter führen“, sagt Heinz Smital, Atomphysiker von Greenpeace. „In der deutschen Atomindustrie ist es jedoch gängige Praxis, Störfälle nicht zu melden und Wirtschaftlichkeit vor Sicherheit zu setzen.“

Nicht der erste Zwischenfall

Das Atomkraftwerk Biblis A ist für seine Sicherheitsdefizite bekannt. Der Anfang der 1970er Jahre in Betrieb genommene Reaktorblock geriet vor allem im Dezember 1987 in die Schlagzeilen, als ein defektes Ventil den Austritt von radioaktivem Kühlwasser verursachte. Nur durch Glück gelang es, das Kontrollventil gegen den hohen Druck wieder zu schließen und den Verlust noch größerer Mengen Kühlmittel zu vermeiden. Ein Kühlmittelverlust kann zur Kernschmelze und damit zum Super-GAU führen. Die Störung wurde zwar fristgerecht an die Behörden gemeldet, an die Öffentlichkeit gelangte die Information darüber jedoch erst, als eine amerikanische Fachzeitschrift ein Jahr später darüber berichtete.

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Gegenwärtig bewertet die Reaktorsicherheitskommission (RSK) die Sicherheit deutscher Atomkraftwerke. Sie wird ihren Bericht am kommenden Montag der Ethikkommission vorlegen. Der jetzt aufgedeckte Defekt in Biblis A könnte theoretisch in allen deutschen Atomreaktoren auftreten. Nach Auffassung von Greenpeace würden viele Risken der Atomkraft bisher unterbewertet. Die RSK müsse daher alle Risken, auch das von möglichen Terror-Anschlägen, in ihre Untersuchungen aufnehmen.

Dokumente zur Panne in Biblis A (PDF)

(Greenpeace, 11.05.2011 – NPO)

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