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Astronomie

Teleskop-Netzwerk am Puls der Pulsare

LOFAR liefert bisher empfindlichste Beobachtungen bei niedriger Frequenz

Durch sein einzigartiges Design ermöglicht LOFAR die gleichzeitige Erfassung der Radiostrahlung aus unterschiedlichen Himmelsrichtungen. Für das vorliegende Bild wurden fünf über den ganzen Himmel verteilte Pulsare mit LOFAR gleichzeitig beobachtet. © Tom Hassall / U.Man. / ASTRON

Einem internationalen Astronomenteam ist es gelungen, die bisher empfindlichsten Beobachtungen von Pulsaren bei niedriger Frequenz aufzunehmen. Die Messung gelang mit dem europäischen Radioteleskop-Netzwerk LOFAR. Pulsare sind schnell rotierende Neutronensterne, die bei der Explosion von sehr massereichen Sternen entstehen.

Das europäische Niederfrequenz-Radioteleskop LOFAR ist das erste einer ganzen Reihe neuartiger Radioteleskope zur Erforschung des Universums bei den niedrigsten Frequenzen, die überhaupt vom Erdboden aus zugänglich sind. Das Auffinden von neuen Pulsaren und deren Erforschung in diesem „Radiofenster“ gelten als ein Schlüsselprojekt. Daran beteiligt ist auch das deutsche Konsortium Glow – German Long Wavelength -, dem unter anderem die Gruppe von Michael Kramer vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie angehört.

Die zufällige Identifizierung des ersten Pulsars im Jahr 1967 ist eine der großen Entdeckungen der Astronomie. Die Astronomen fanden die ersten Pulsarsignale mit einem Radioteleskop bei der niedrigen Frequenz von 81 Megahertz, recht nahe zu den Radiofrequenzen im UKW-Bereich.

LOFAR bietet spektakuläre Möglichkeiten

Mit LOFAR sind die Astronomen nun zum Frequenzbereich der ersten Pulsarmessungen zurückgekehrt – jedoch mit moderner Computertechnik und der Verbindung der Einzelteleskope über Hochgeschwindigkeits-Glasfaserleitungen, die die Leistungsfähigkeit der Teleskope um ein Vielfaches steigern. So wird es mit LOFAR möglich, die Radiopulse im Detail zu untersuchen und darüber hinaus Effekte der Gravitationsphysik und Eigenschaften des interstellaren Mediums in unserer Milchstraße zu erforschen.

„Auch wenn das erst frühe Testergebnisse sind, so zeigen sie doch bereits die spektakulären Möglichkeiten mit LOFAR auf“, sagt Ben Stappers von der Universität Manchester, der Erstautor der Veröffentlichung, die demnächst im Fachjournal „Astronomy & Astrophysics“ erscheinen wird.

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LOFAR funktioniert mithilfe von Tausenden kleiner Antennen, die über verschiedene Länder Europas verteilt und mit Hochgeschwindigkeits-Internetleitungen miteinander verbunden sind. Die Auswertung erfolgt über einen leistungsstarken Supercomputer nahe der zentralen LOFAR-Station bei ASTRON in den Niederlanden.

Die LOFAR-Station Effelsberg. Vorne das Dipolfeld für niedrige Frequenzen (30 bis 80 Megahertz, entsprechend 3,8 bis 10 Meter Wellenlänge), hinten das „Kachelfeld“ für höhere Frequenzen (110 bis 240 Megahertz oder 1,3 bis 2,7 Meter Wellenlänge. © Wolfgang Reich / Max-Planck-Institut für Radioastronomie

Schnellere Kartierung des Himmels

Die Teleskope verfügen nach Angaben der Wissenschaftler über keine beweglichen Teile, vielmehr erfolgt die Ausrichtung am Himmel über digitale Zeitverzögerungsbausteine. Dadurch wird eine wesentlich höhere Flexibilität in der Datenanalyse möglich. So etwa lassen sich ganz unterschiedliche Richtungen am Himmel gleichzeitig erfassen, wobei nur die Rechenkapazität des Computers begrenzend wirkt. Bei der Suche nach neuen Pulsaren ermöglicht das eine wesentlich schnellere Kartierung des Himmels.

„Die Abbildungsverfahren mit LOFAR unterscheiden sich deutlich von denen mit klassischen Radioteleskopen“, sagt Ralf-Jürgen Dettmar von der Ruhr-Universität Bochum und Vorsitzender des deutschen Glow-Konsortiums. „Mit herkömmlichen Anlagen können in kurzer Zeit nur recht kleine Felder am Himmel erfasst werden, während LOFAR in gleicher Zeit Schnappschüsse von ausgedehnten Regionen des Himmels ermöglicht und so die Überwachung dieser Regionen zur Entdeckung von neuen Pulsaren und eventuell anderer seltener Phänomene gestattet.“

Strahlungsmechanismus der Neutronensterne auf der Spur

Für die nächsten Schritte bei der Untersuchung von Pulsaren möchte das Forschungsteam die speziellen Fähigkeiten dieses Radioteleskops nutzen, um dem Strahlungsmechanismus der Neutronensterne auf die Spur zu kommen.

„LOFAR ist ein phantastisches Teleskop, um unsere bisherigen Beobachtungsinstrumente zur Erforschung von Pulsaren bei langen Wellenlängen zu ergänzen“, sagt Kramer. Die Anlage verfüge über das Potenzial, eine große Anzahl bisher unentdeckter Pulsare in der Nachbarschaft unserer Sonne aufzufinden. „Mit deren Hilfe möchten wir den Nachweis von Gravitationswellen erbringen.“

Auf dem Weg zum Radioteleskop der nächsten Generation

Mit LOFAR lassen sich Radiowellen über einen sehr ausgedehnten Frequenzbereich erforschen – über mehr als eine Größenordnung von zehn bis 240 Megahertz. Neben der Suche nach Pulsaren wird die Anlage den Astronomen zufolge zur Himmelskartierung im langwelligen Radiobereich eingesetzt werden, weiterhin für kosmologische Fragestellungen, zur Überwachung der Sonnenaktivität und zur Untersuchung von Planeten.

LOFAR fungiert darüber hinaus auch als Vorläuferprojekt für das Square Kilometre Array (SKA), das geplante globale Radioteleskop der nächsten Generation. (Astronomy & Astrophysics, doi:10.1051/0004-6361/201116681 astro-ph)

(MPG, 05.05.2011 – DLO)

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