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Biologie

Sex macht langlebig – im Ausnahmefall

Graumulle erweisen sich als Ausnahme von der „Reproduktion macht alt“-Regel

Neunjähriger nicht-reproduktiver Graumull und seine 15-jährige, reproduktive und sehr viel jünger aussehende Mutter. © M. Schmitt / PLoS ONE

Normalerweise gilt Sex als teuer: die Risiken und physiologischen Kosten der Fortpflanzung sind für einen Organismus hoch. Aber manchmal kann viel Sex das Leben auch duetlich verlängern – zumindest wenn man ein afrikanischer Graumull ist. Forschehaben entdeckt, dass bei der gesamten Gattung dieser Nagetiere die Lebenserwartung sexuell aktiver Individuen doppelt so hoch ist wie bei ihren „abstinenten“ Artgenossen. Diese in der Fachzeitschrift „PLoS ONE“ veröffentlichte Entdeckung dieser erstaunlichen Ausnahme ermöglicht nun wertvolle Forschungen und neue Erkenntnisse zur Biologie des Alterns.

Sexuelle Fortpflanzung gilt normalerweise als „teuer“: Organismen müssen dafür Energie aufwenden, die anderen Körperfunktionen entzogen wird und damit Gesundheit und Langlebigkeit beeinträchtigen kann. „Auch wenn es überrascht, aber sexuelle Aktivität ist im Tierreich keine ungetrübte Freude. Im Gegenteil: die Risiken und physiologischen Kosten der Fortpflanzung sind bei vielen Arten so hoch, dass eine starke Aktivität meist eher negativ auf die Lebenswartung wirkt“, erklärt Philip Dammann von der der Universität Duisburg-Essen. Ausnahme sind staatenbildende Insekten, bei denen die sich als einzige reproduzierende Königin deutlich länger lebt als ihre sie versorgenden Arbeiterinnen.

Bei Graumullen darf nicht jeder

Bei Säugetieren bildete die einzige wissenschaftlich belegte Ausnahme dieser Regel bislang eine afrikanische Nagetier-Art: Ansell’s Graumull. Diese Tiere leben in sozialen Familienverbänden, in denen meist nur ein einziges Paar Nachwuchs produziert, die anderen dienen als „Onkel“ und „Tanten“ und bekommen selbst keine Jungen. Langzeitdaten aus der Zucht hatten ergeben, dass reproduktive Tiere über 20 Jahre alt werden können, ihre sexuell „abstinenten“ Koloniegenossen jedoch höchstens acht bis zehn Jahre – trotz ansonsten identischer Lebensbedingungen. Ansell’s Graumulle, die nur in einem kleinen Gebiet in Sambia vorkommen, gelten seitdem als potenzielle „Stars“ in der Alterungsforschung.

Ausnahme-Muster bei gesamter Gattung

Jetzt hat ein Forscherteam von der Universität Duisburg-Essen um Dammann und und Hynek Burda festgestellt, dass nicht nur einzelne Arten, sondern die ganze Säugetiergattung der afrikanischen Graumulle dieses scheinbar unmögliche Ausnahme-Muster zeigt. Die Wissenschaftler hatten dafür die Lebwnsdaten von Riesengraumullen (Fukomys mechowii) untersucht. „Wir haben diese Art gewählt, weil sie innerhalb des Stammbaumes der Gattung nur ganz entfernt mit dem Ansell’s Graumull verwandt ist“, erklärt Dammann. „Wenn also ein Merkmal bei beiden Arten auftritt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es auch bei allen anderen Graumull-Spezies zu finden ist.“

Wertvolle Möglichkeiten für die Altersforschung

Die Daten zeigten tatsächlich, dass sich die Alterungsmuster gleichen wie ein Ei dem anderen. Mehr noch: Gezielte Recherchen ergaben, dass auch Fach-Kollegen aus anderen Ländern, die weitere Graumull-Arten erforschen, offenbar ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Sie maßen dem bisher nur noch nicht die nötige Bedeutung bei. „Das vergrößert unseren Handlungsspielraum enorm“, freut sich Dammann. „Fukomys ist eine artenreiche Gattung mit mehr als zehn verschiedenen Spezies. Mehrere

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davon werden in Afrika, Europa und den USA gezüchtet. Nun haben sich unsere Möglichkeiten schlagartig erweitert, anhand dieser Tiere noch mehr über die Mechanismen des Alterns zu erfahren.“

(Universität Duisburg-Essen, 29.04.2011 – NPO)

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