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Biologie

Eisfische: Artenvielfalt durch „Gefrierschutz-Protein“

100 verschiedene Spezies besiedeln ökologische Nischen in den antarktischen Gewässern

Das deutsche Forschungsschiff Polarstern im Südpolarmeer. © Matschiner

Trotz extremer Kälte: Eisfische in der Antarktis haben sich dank eines „Gefrierschutzproteins“ den extremen Bedingungen angepasst und über 100 Arten gebildet. Diese zumindest auf den ersten Blick erstaunliche Beobachtung haben jetzt Evolutionsbiologen gemacht und berichten darüber in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „PloS One“.

In den antarktischen Gewässern herrschen mit Wassertemperaturen um den Gefrierpunkt, monatelangen Dunkelperioden und dicken Eispanzern an der Wasseroberfläche Extrembedingungen, die auf eine äußerst lebensfeindliche Umwelt und damit geringe Artenvielfalt hindeuten.

Gefrierschutzprotein ermöglicht Artenvielfalt

Dennoch haben sich laut der neuen Studie in diesem speziellen Lebensraum mehr als 100 Arten von Eisfischen – Notothenioiden – entwickelt. Diese für die Meereswelt einzigartige Auffächerung einer Art (Radiation) wurde durch spezielle Anpassungen der Fische an die antarktischen Gewässer ausgelöst.

Eine entscheidende Rolle spielte nach Angaben der Wissenschaftler die evolutionäre Erfindung eines bestimmten Proteins, das ein Einfrieren der Körperflüssigkeiten verhindert. Auf der Basis detaillierter genetischer Analysen konnten Michael Matschiner und Professor Walter Salzburger von der Universität Basel nun zusammen mit Reinhold Hanel vom Hamburger Johann Heinrich von Thünen-Institut nachweisen, dass das Protein genau zu jenem Zeitpunkt entstand, als sich das Klima in der Antarktis abkühlte.

Siegeszug der Eisfische

Unmittelbar danach begann der evolutionäre Siegeszug der Eisfische, die heute die antarktische Fauna dominieren. Damit sind die Eisfische ein Paradebeispiel für die Rolle von so genannten Schlüssel-Innovationen in der Evolution. Die Erfindung des Gefrierschutzproteins erlaubte es den Eisfischen, neue ökologische Nischen zu besiedeln, in denen sie praktisch keine Konkurrenten vorfanden.

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Matschiner, der im Rahmen seiner Dissertation die molekulare Evolution der antarktischen Eisfische untersucht, hat auf einer eben zu Ende gegangenen Expedition durch das Südpolarmeer auf dem deutschen Forschungsschiff „Polarstern“ über 1.500 DNA-Fischproben entnehmen können.

Viele Besonderheiten

Die Eisfische weisen nämlich den Wissenschaftlern zufolge noch weitere Besonderheiten auf: Viele Arten haben kein Hämoglobin mehr und sind praktisch durchsichtig, andere haben den eigentlich bei allen Lebewesen vorkommenden „Hitzeschockantwort“-Mechanismus verloren.

Auch über die Lebensweise der Eisfische ist wenig bekannt, weshalb sich die Basler Forscher in weiteren Studien auch chemischen Nahrungsanalysen widmen werden. (PLoS ONE, 2011; doi:10.1371/journal.pone.0018911)

(Universität Basel, 20.04.2011 – DLO)

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