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Chemie

Kein Kurzschluss im Titanoxid

Fundamentale Mechanismen der Photokatalyse von Titanoxid aufgeklärt

Titandioxid kann Licht in chemische Energie umwandeln. Dabei ist die Modifikation Anatase (b) dieses Oxids deutlich effizienter als Rutil (a). © Mingchun Xu, Ruhr-Universität Bochum

Das Molekül Titanoxid ist ein Photo-Katalysator: Angeregt durch Sonnenlicht kann es Wasser spalten und damit chemische Energie erzeugen. Wie dies passiert, war bisher unbekannt, jetzt hat ein Forscherteam erstmals Einblicke in die fundamentalen Mechanismen der Photochemie an Titanoxid ehralten. Die neuen Erkenntnisse könnten unter anderm zur Optimierung von Photoreaktoren eingesetzt werden, die mit Sonnenlicht Wasserstoff erzeugen.

Die Energie des Sonnenlichts lässt sich nicht nur in der Solarthermie oder Photovoltaik nutzen, sondern auch für die direkte Umwandlung von Sonnenenergie in chemische Energie, beispielsweise durch Spaltung von Wasser. Der momentan effizienteste, aber noch wenig verstandene Prozess dabei ist die Titanoxid-basierte Photokatalyse. Titandioxid ist ein photoaktives Material und kommt in der Natur in den zwei Modifikationen Rutil und Anatase vor, wobei die Anatase-Form eine zehnfach höhere photochemische Aktivität besitzt.

Angeregte Elektronen spalten Wasser

Fällt Licht auf dieses weiße Pulver, das auch als Pigment in der Malerei und als Sonnenschutzmittel eingesetzt wird, werden Elektronen in angeregte Zustände versetzt und können dann beispielsweise Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff spalten. Der auf diese Weise gewonnene Wasserstoff ist ein „sauberer“ Energieträger, da bei seiner Verbrennung kein klimaschädliches Treibhausgas, sondern lediglich Wasser entsteht. Die physikalischen Mechanismen dieser photochemischen Reaktionen an Titandioxidoberflächen und insbesondere der Grund für die viel höhere Aktivität von Anatase konnten bislang noch nicht aufgeklärt werden, da die dafür verwendeten Pulverpartikel mit nur wenigen Nanometern winzig klein sind.

Untersuchungen am Einkristall

Solch kleine Partikel sind für die Untersuchung mit leistungsstarken Methoden der Oberflächenanalytik nicht geeignet. Unter der Leitung von Professor Christof Wöll ist es Wissenschaftlern des KIT-Instituts für Funktionelle Grenzflächen (IFG) nun in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universitäten St. Andrews (Schottland) und Bochum sowie des Helmholtz-Forschungs-zentrums Berlin gelungen, neue Erkenntnisse zu fundamentalen Mechanismen der Photochemie an Titandioxid (TiO2) zu gewinnen.

Für ihre Messungen nutzten die Forscher Millimeter-große Einkristalle verwendet. An derartigen Substraten konnten dann mit Hilfe eines neuartigen Infrarot-Spektrometers erstmals präzise Messungen zur Photochemie an der Oberfläche von Titandioxid durchgeführt werden. Außerdem haben die Wissenschaftler mittels einer laser-basierten Technik die Lebensdauer von lichterzeugten elektronischen Anregungen im Inneren von TiO2-Kristallen bestimmt.

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Anatase verhindert inneren Kurzschluss

Genaue Informationen über diese Prozesse sind von großer Bedeutung, wie Christof Wöll, Leiter des IFG, erklärt: „Eine kurze Lebensdauer bedeutet, dass die angeregten Elektronen sofort wieder in ihren Ausgangszustand zurück fallen. Es entsteht eine Art interner Kurzschluss. Bei einer großen Lebensdauer bleiben die Elektronen lange genug im angeregten Zustand, um die Oberfläche des Kristalls zu erreichen, wo sie dann chemische Prozesse in Gang setzen.“

Anatase ist hierfür besonders gut geeignet, weil die elektronische Struktur dieses Materials eine Besonderheit aufweist, die diesen „internen Kurzschluss“ verhindert. Die Kenntnis dieser Ursache wird es den Forschern nun erlauben, Form, Größe und Dotierung der in den Photoreaktoren eingesetzten Anatase-Partikel weiter zu optimieren. Ziel ist es, photoaktive Materialien mit höheren Wirkungsgraden und längeren Lebensdauern zu entwickeln.

„Für die Erzeugung elektrischer und chemischer Energie aus Sonnenlicht haben die Ergebnisse von Wöll und Mitarbeitern eine große Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf die Optimierung von Photoreaktoren,“ sagt Professor Olaf Deutschmann, Sprecher des Helmholtz-Graduiertenkollegs „Energy-related Catalysis“.

(Karlsruhe Institute of Technology, 15.04.2011 – NPO)

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