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Geowissen

Erste Vögel waren “Supernasen”

CT-Studie enthüllt erstaunlich guten Geruchssinn bei einigen Dinos und frühen Vögeln

3D-Rekonstruktion der Gehirne und Riechkolben bei einigen Dinosauriern (Bambiraptor) und frühen Vögeln (Lithornis, Presbyornis), Taubenschädel als Vergleich. © WitmerLab at Ohio University

Die ersten Vögel und auch einige Dinosaurier hatten einen weitaus besseren Geruchssinn als bisher gedacht. Er übertraf bei einigen frühen Vogelarten den ihrer heutigen Nachkommen deutlich. Das enthüllt eine Rekonstruktion der Riechkolben von gut 150 ausgestorbenen Vogel- und Dinosaurierarten mittels Computertomographie und 3D-Modellierung. Vermutlich nutzten die ersten Vögel ihr Riechvermögen vor allem zur Nahrungssuche und Orientierung, so die amerikanische Forschergruppe in der Fachzeitschrift „Proceedings of the Royal Society B”.

Moderne Vögel gelten nicht gerade als „Supernasen”, besonders gut ausgeprägt ist stattdessen meist eher ihr Sehvermögen und ihr Gehör. Erklärt wird dies meist damit, dass sich der bei den Dinosauriern noch relativ gute Geruchssinn im Laufe der Evolution zu den Vögeln zurückbildete. Stattdessen wurden die für das Fliegen wichtigeren Sinne gefördert. Genau diese Annahme hat jetzt ein Forscherteam der Universität von Calgary, des Royal Tyrrell Museums und der Ohio Universität erstmals im Einzelnen nachgeprüft – mit überraschendem Ergebnis.

„Bisher glaubte man, dass Vögel so damit beschäftigt waren, ihre Sicht, Balance und Koordination für den Flug zu entwickeln, dass ihr Geruchssinn dahinter zurückblieb“, erklärt Darla Zelenitsky, Paläontologin an der Universität von Calgary. „Überraschenderweise zeigen unsere Forschungen aber, dass sich auch der Geruchssinn bei der Evolution der Dinosaurier zu Vögeln verbesserte, genauso wie das Sehvermögen und die Balance.“

Rekonstruktion der Riechkolben per CT und 3D-Modellierung

Für ihre Studie verglichen die Wissenschaftler die Ausprägung der Riechkolben bei 157 Arten von Dinosauriern sowie modernen und ausgestorbenen Vögeln. Die relative Größe des Riechkolbens gilt bei Säugetieren und Vögeln als Indikator für das Riechvermögen. Mittels Computertomographie rekonstruierten die Forscher dabei das Schädelinnere der ausgestorbenen Arten. Für viele fossile Arten entstand dabei gleichzeitig das erste Abbild der Gehirnstruktur überhaupt. „Natürlich ist das Gewebe schon lange von den Schädeln verschwunden”, erklärt Lawrence Witmer von der Ohio Universität. „Aber wir können Computertomographie einsetzen, um die Höhlung zu visualisieren, die das Gehirn einst einnahm, und dann daraus 3D-Computerbilder der Riechkolben und anderer Gehirnteile erzeugen.“

Frühe Vögel: Besseres Riechvermögen als Vor- und Nachfahren

Der Vergleich der verschiedenen Riechkolben ergab, dass bei den ersten Vögeln keinerlei Anzeichen für einen reduzierten Geruchssinn zu finden sind. Stattdessen behielten ihre Riechkolben die Größe, die auch schon ihre unmittelbaren Dinosaurier-Vorfahren besaßen. Bei einigen Vogelgruppe nahm die relative Größe der Reichkolben im Laufe der ersten paar Millionen Jahre sogar noch zu.

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Verwandtschaftsverhältnisse und Gehirnrekonstruktionen von Bambiraptor, zwei frühen Vögeln und der Taube © WitmerLab at Ohio University

Nach Ansicht der Forscher ist dies ein deutliches Indiz dafür, dass der Geruchssinn für die frühesten Vögel selbst dann noch sehr wichtig war, als sie ihre Flugfähigkeit entwickelten und verbesserten. Möglicherweise nutzten sie Gerüche zur Navigation und Nahrungsfindung in weitaus stärkerem Maße, als dies einige Vogelarten noch heute tun. So hatte der Archaeopteryx einen Geruchssinn, der in etwa dem einer heutigen Taube entsprach. Dieser hilft ihr Riechvermögen unter anderem dabei, sich zu orientieren. „Archaeopteryx erbte seinen Geruchssinn von kleinen, fleischfressenden Dinosaurier vor rund 150 Millionen Jahren”, erklärt François Therrien, Kurator für Dinosaurier-Paläoökologie am Royal Tyrrell Museum. „später, vor rund 95 Millionen Jahren, entwickelte der Vorfahre aller modernen Vögel noch bessere olfaktorische Fähigkeiten.“

Auch einige Dinos waren Supernasen

Ebenfalls überraschend und neu ist die Erkenntnis, dass auch einige Dinosaurier, die bisher eher als Augentiere galten, einen sehr guten Geruchssinn besaßen. Tyrannosaurus rex beispielsweise besaß sehr große Reichkolben, die dem Raubsaurier vermutlich dabei halfen, seine Beute zu verfolgen oder Aas zu finden. Ähnlich gut ausgeprägt war das riechvermögen auch bei kleineren Raubsauriern wie Velociraptor, Bambiraptor oder Troodon. Der eher langsame Triceratops dagegen hatte einen eher unterentwickelten Geruchssinn.

„Truthahngeier und Albatrosse sind Vögel, die heute für ihren guten Geruchssinn bekannt sind und diesen einsetzen, um Nahrung zu suchen oder sich in großen Gebieten zu orientieren“, erklärt Zelenitsky. „Unsere Entdeckung, dass auch kleine Velociraptor-ähnliche Dinosaurier wie Bambiraptor genauso gut riechen konnten wie diese Vögel, deutet darauf hin, dass Geruch auch bei ihrer Jagd auf Beute eine wichtige Rolle gespielt haben könnte.“

(Ohio University, 13.04.2011 – NPO)

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