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Biologie

Krill schuld am dramatischen Pinguin-Schwund?

Neue Daten belegen starken Abfall der Krilldichten, entkräften Meereis-Hypothese

Zügelpinguin © Jerzy Strzelecki / CC-by-sa 3.0

Was ist schuld am dramatischen Rückgang der Pinguin-Populationen in der Westantarktis? Bisher galt die Meereis-Schmelze als wahrscheinlichste Ursache, doch jetzt haben amerikanische Forscher einen ganz anderen Faktor im Verdacht: den antarktischen Krill. Wie sie in den Proceedings of the National Academy of Science“ (PNAS) berichten, ist die Dichte der Kleinkrebse im Polarmeer seit 1979 um bis zu 80 Prozent gesunken. Die Pinguine könnten daher schlicht an Nahrungsmangel leiden.

In den letzten 50 Jahren sind die Populationen der Adélie- und Zügelpinguine im Bereich der Westantarktischen Halbinsel stark gesunken. Um bis zu 50 Prozent reduzierten sich die Bestände – aber warum? Der verbreiteten „Meereis-Hypothese” nach ist das Schrumpfen der winterlichen Eisfläche direkt am Niedergang von eisliebenden Arten wie dem Adélie- Pinguin beteiligt. Dieser meidet größere Wasserflächen und bevorzugt Gebiete mit dichtem Packeis.

Pinguin-Rückgang: Ist die Meereisschmelze schuld?

Anders dagegen die Zügelpinguine, die freies Wasser mit maximal 30 Prozent Eisbedeckung favorisieren. Sie sollten dieser Hypothese nach von der Eisschmelze profitieren. Eine Forschergruppe um Wayne Z. Trivelpiece von der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) in den USA hat jetzt Felddaten der letzten 30 Jahre zu den Pinguinbeständen erneut analysiert und genau diese Vermutung widerlegt: Im Untersuchungszeitraum sanken die Populationszahlen beider Pinguinarten deutlich ab, ein Vorteil für die „eismeidenden“ Zügelpinguine war nicht zu erkennen.

Krilldichte seit 19790er Jahren um 80 Prozent gesunken

Nach Ansicht von Trivelpiece und seinen Kollegen könnte statt des Eises auch ein anderer Faktor an diesem Schwund der Pinguine in der Westantarktis schuld sein: der antarktische Krill. Diese im Plankton des Meeres lebenden Kleinkrebse erlebten in den 1930er bis 1970er Jahren wegen günstiger Klimabedingungen und nur weniger Fressfeinde eine Blüte, die auch die Pinguinpopulationen in die Höhe trieb. Steigende Konkurrenz – durch Pinguine, aber auch durch große Meeressäuger – und steigende Meerestemperaturen haben die Krilldichte jedoch danach um bis zu 80 Prozent reduziert, so das Ergebnis der Auswertungen.

Da sich Zügelpinguine vorwiegend von Krill ernähren und Adéliepinguine von kleinen Fischen, die ihrerseits Krill fressen, könnte nach Ansicht der Forscher der heute zu beobachtende Schwund beider Arten auch auf den Rückgang des Krills zurückzuführen sein. Der Rückgang des Meereises dagegen wirkt möglicherweise als zusätzlicher Faktor, scheint aber demnach nicht der einzige zu sein. Sollte zukünftig auch die Krillfischerei ausgeweitet werden, könnte dies die kritische Situation vieler Pinguinarten weiter verschärfen, warnen die Wissenschaftler. (PNAS, 2011; DOI: 10.1073/pnas.1016560108)

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(PNAS, 12.04.2011 – NPO)

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