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Biologie

Wer nicht kooperiert, wird ausgegrenzt

Göttinger Wissenschaftler untersuchen Selbstorganisation in sozialen Netzwerken

Arbeite ich mit meinen Kollegen zusammen oder nutze ich andere aus? Setze ich mich uneigennützig für andere Menschen ein? Dies haben jetzt Göttinger Wissenschaftler in einer neuen Studie untersucht. Dabei konnten sie erstmals experimentell nachweisen, dass dynamische soziale Netzwerke kooperatives Verhalten fördern und dass die natürliche Selektion so Kooperation begünstigen kann.

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Die Ergebnisse der Forscher um Professor Dirk Semmann vom Courant Forschungszentrum „Evolution des Sozialverhaltens“ der Universität Göttingen weichen jedoch teilweise von den Vorhersagen theoretischer Modelle ab, berichtet die Fachzeitschrift „Ecology Letters“ in ihrer aktuellen Online-Ausgabe.

Studierende im Gefangenendilemma

In dem neuen Experiment der Wissenschaftler spielten Studierende am Computer mit verschiedenen Partnern das so genannte Gefangenendilemma, das ein zentraler Bestandteil der Spieltheorie ist. Dabei treffen zwei sich unbekannte Personen aufeinander, müssen sich für oder gegen eine Zusammenarbeit entscheiden und dabei Geld verdienen. Die Spielpartner müssen dabei abwägen, von welchem Verhalten sie am meisten profitieren, ohne vorab die Entscheidung des anderen zu kennen.

Die Göttinger Evolutionsbiologen simulierten dabei zwei unterschiedliche Szenarien: Zum einen spielten die Probanden in einem statischen Netzwerk mit festgelegten Partnern, die sie nicht austauschen konnten. Dies entspricht der Situation mit Kollegen am Arbeitsplatz. Zum anderen spielten sie in einem dynamischen Netzwerk wie zum Beispiel bei Freundschaften, in dem die Partner ersetzt werden können. Die Probanden erfuhren in den insgesamt 30 Spielrunden nur die Ergebnisse der Entscheidungen mit ihrem jeweiligen Partner, sie erhielten keinen Überblick über das Geschehen im gesamten Netzwerk.

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Kooperation ist Pflicht

„In dynamischen sozialen Netzwerken wählten die Teilnehmer eine andere Strategie, als dies in theoretischen Modellen vorhergesagt wurde: Sie wählten häufig nicht kooperierende Personen ab und gingen lieber kooperative Langzeitbeziehungen ein“, so Katrin Fehl von der Uni Göttingen.

Bislang war vermutet worden, dass Spieler auch nicht kooperierende Mitspieler behalten und sich auf deren Verhalten einstellen. Denn bei einem neuen, unbekannten Partner besteht die Gefahr, von ihm ausgenutzt zu werden.

Stabile Cliquen

Durch konstante Muster der Partnerabwahl veränderten die Teilnehmer den Wissenschaftlern zufolge jedoch ihr soziales Umfeld und beeinflussten die Struktur des dynamischen Netzwerkes: Es bildeten sich stabile Cliquen kooperativer Spieler mit Dreiecksbeziehungen heraus, in denen die eigenen Freunde auch untereinander befreundet waren.

„Es besteht also eine enge Wechselwirkung zwischen der sozialen Umgebung und kooperativem Verhalten“, so Semmann. Im Spielverlauf machten kooperative Teilnehmer in dem dynamischen Netzwerk neue Erfahrungen, die ihre Verhaltensstrategie weiter festigte. Gleichzeitig wurden Spieler mit nicht-kooperativem Verhalten an den Rand des Netzwerks gedrängt. Die Partnerabwahl erzog Teilnehmer dazu, prosoziales Verhalten zu entwickeln, so die Forscher. (Ecology Letters, 2011; doi:10.1111/j.1461-0248.2011.01615.x)

(Universität Göttingen, 05.04.2011 – DLO)

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