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Chemie

Kohlenmonoxid als heilendes Gift

Forscher entwickeln Moleküle für den Einsatz in der Medizin

Giftgas als Lebensretter © MMCD/ Podbregar

Wissenschaftler haben eine neuartige Eisen-Kohlenmonoxid-Verbindung entwickelt, die von Enzymen in den Zellen des menschlichen Körpers aktiviert wird und dabei Kohlenstoffmonoxid freisetzt. Das Kohlenmonoxid kann so als Therapeutikum direkt vor Ort wirken. Verschiedene Anwendungen in der Medizin sind denkbar, berichtet jetzt die Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“.

Kohlenmonoxid (CO) kann tödlich sein. Unbemerkt eingeatmet, führt das unsichtbare und geruchlose Gas zu Erstickungen, indem es den Sauerstofftransport im Blut blockiert. Kohlenmonoxid ist deshalb als gefährliches Atemgift gefürchtet.

Die Menge macht das Gift

Doch allein die Menge macht das Gift, wie schon der berühmte Arzt Paracelsus feststellte. So hat Kohlenmonoxid auch Einfluss auf viele andere Vorgänge im menschlichen Körper. Und dabei sogar heilende Wirkungen: In winzigen Dosen wirkt es entzündungshemmend, verbessert die Organdurchblutung oder lindert Symptome von Lungenkrankheiten.

Wissenschaftler haben diese Eigenschaften erst in den letzten Jahren entdeckt und so den Weg für neue medizinische Anwendungen geebnet. Zwar wird Kohlenmonoxid vom Menschen in bestimmten Mengen selbst produziert, aber der gezielte Einsatz könnte bisherige Therapieansätze maßgeblich erweitern.

Neue Moleküle entwickelt

Eine solche Nutzung von Kohlenmonoxid ist aber nicht unproblematisch. Der Einsatz als Gas kommt aufgrund seiner Giftigkeit kaum in Betracht. Dies würde eine Verabreichung über die Lunge bedeuten, wo das Kohlenmonoxid die normale Sauerstoffaufnahme behindert. Alternativen sind gefragt. Forscher arbeiten deshalb an der Entwicklung von Stoffen, die Kohlenmonoxid direkt im Körper freisetzen können.

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In diesem Zusammenhang ist einem Team aus Chemikern und Biologen der Universitäten Köln und Regensburg nun ein wichtiger Schritt gelungen. Die Wissenschaftler entwickelten neue Moleküle, die in den Zellen des menschlichen Körpers aktiviert werden und dabei Kohlenmonoxid abgeben, was wiederum direkt vor Ort wirken kann. Durch die Moleküle wird aber auch das „Entzündungsprotein“ iNOS – induzierbare NO-Synthase – effektiv gehemmt.

Botenstoff oder Signalmolekül

Bisher bekannte CO-freisetzende Moleküle hatten den Nachteil, dass sie relativ wenig Kohlenmonoxid produzieren, unkontrolliert zerfallen, vom lokalen pH-Wert abhängig sind oder aber eine Bestrahlung durch UV-Licht notwendig ist. Die neuen Moleküle, die schon als Patent angemeldet wurden, bestehen aus einem Eisen-Kohlenmonoxid- und einem organischen Teil.

Der organische Teil reagiert den Forschern zufolge mit bestimmten, körpereigenen Enzymen – Lipasen und Esterasen – und die Moleküle werden so aktiviert. Das dabei freigesetzte Kohlenmonoxid kann auf diese Weise als Botenstoff oder Signalmolekül und damit als Therapeutikum in bestimmten Körperzellen eingesetzt werden.

Viele Anwendungsmöglichkeiten

Die möglichen Anwendungen in der Medizin sind nach Angaben der Wissenschaftler vielfältig: So könnten die neuen Moleküle bei der Krebstherapie, bei der Behandlung von Strahlungsschäden, bei Alzheimer, gegen Bluthochdruck, Bronchitis, Rheuma oder gegen Abstoßungsreaktionen nach Organtransplantationen zum Einsatz kommen. (Angewandte Chemie, 2011; doi:10.1002/anie.201006598)

(Universität Regensburg, 05.04.2011 – DLO)

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