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Physik

Forscher kommen der perfekten Welle auf die Spur

Eine neue Methode schickt Wellen verlustfrei auf präzise Bahnen

Eine Welle breitet sich vom Sender zum Empfänger aus – an Abhörmikrophonen vorbei © TU Wien

Wiener Wissenschaftler haben eine Methode entwickelt, mit der sie Wellen verlustfrei auf präzise Bahnen schicken. So könnten etwa Schallwellen vorbei an unerwünschten Mithörern direkt zum Ziel gesendet werden, berichten die Forscher jetzt im Fachjournal „Physical Review Letters“.

Jemandem einen Ball zuwerfen, ohne dass er von anderen Leuten abgefangen werden kann, ist relativ einfach. Jemandem etwas zuzurufen, ohne dass es von anderen Leuten gehört werden kann, ist viel schwieriger. Hier gibt es einen grundlegenden Unterschied zwischen Wellen und festen Objekten: Während sich der Ball entlang einer geraden Linie bewegt, breiten sich Wellen meist in alle Richtungen gleichzeitig aus.

Enger Zusammenhang zwischen Wellen und Teilchen

Quantenphysiker der Technischen Universität (TU) Wien stellen nun eine Methode vor, wie man Wellen dazu bringen kann, sich ebenfalls auf simplen, geraden Bahnen zu bewegen. Wendet man diese Idee auf Schallwellen an, könnte man etwa direkt mit einem Zuhörer am anderen Ende des Zimmers kommunizieren, ohne dass sonst jemand davon etwas hören kann.

Einen engen Zusammenhang zwischen Wellen und Teilchen kennt man aus der Quantenphysik – und das war auch der Ausgangspunkt für dieses Forschungsprojekt. „Wir haben uns zuerst mit quantenphysikalischen Effekten in Halbleitern beschäftigt. Doch unsere Ergebnisse gelten für Schall- und Lichtwellen genauso“, erklärt Professor Stefan Rotter, der gemeinsam mit Florian Libisch und Philipp Ambichl die neue Wellensteuerungs-Methode entwickelt hat.

Getestet wurde das Konzept bisher nur in aufwändigen Computersimulationen – doch alle nötigen Technologien für eine Umsetzung im Experiment gibt es bereits. „Wir sind derzeit in Kontakt mit Experimentatoren, die ihr Interesse angemeldet haben und hoffen auf eine baldige Umsetzung unserer Arbeit im Labor“, ist Rotter zuversichtlich.

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Gummibälle sind abhörsicher

Mit den mathematischen Konzepten, die an der TU Wien entwickelt wurden, lassen sich Wellen so maßschneidern, dass sie sich exakt entlang einer gewünschten Bahn fortbewegen. Wer sich abseits dieser Bahn befindet, wird von der Welle niemals erreicht – und kann sie folglich auch nicht wahrnehmen. So könnte etwa eine Schallwelle in ein Zimmer geleitet werden, sich geradlinig fortbewegen, wie ein Gummiball mehrmals an den Wänden abprallen und das Zimmer durch eine andere Türe wieder verlassen.

Auf diese Weise lässt sich nicht nur ein Signal an Abhörmikrophonen vorbeischwindeln, sondern auch Energie sparen, so die Forscher: Schließlich landet am Ende die gesamte Energie der Welle verlustfrei genau dort, wo man sie haben will, und nicht in Raumbereichen, wo sie ohnehin unnötig ist.

Mathematische Konzepte zur Steuerung von Wellen

Wellen breiten sich je nach Umgebung unterschiedlich aus – das kennt man aus Konzertsälen: Die genaue Form und Beschaffenheit der Wände spielen eine genauso entscheidende Rolle wie Unebenheiten im Boden. „Im theoretischen Modell wird dieses Verhalten der Welle durch die sogenannte Streumatrix beschrieben – ein mathematisches Objekt, das den Wellentransport genau charakterisiert“, erklärt Libisch.

Im Experiment müsste diese Streumatrix zuerst gemessen werden – etwa durch einige Referenzsignale, die vor der eigentlichen Nachricht vom Sender zum Empfänger geschickt werden. Durch das neu entwickelte Verfahren lässt sich dann berechnen, wie sich die maßgeschneiderte Welle zielsicher auf den Weg schicken lässt.

Viele Anwendungsmöglichkeiten

Mögliche Anwendungen gibt es viele, sind die Physiker überzeugt. Neben der energiesparenden und abhörsicheren Übertragung von Daten kann die Wellensteuerungs-Methode auch dazu dienen, Wellen an einer bestimmten Stelle zu konzentrieren.

„Das könnte beispielsweise in der Strahlentherapie nützlich sein. Dort soll die Energie der Wellen genau im Tumor freigesetzt werden, und das Gewebe rundherum unbeschädigt lassen“, meint Libisch. (Physical Review Letters, 2011; 10.1103/PhysRevLett.106.120602

(Technische Universität Wien, 05.04.2011 – DLO)

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