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Neurobiologie

Epilepsie „schlummert“ im Kleinhirn

Krankheit kann durch Veränderungen in Nervenzellen hervorgerufen werden, die sich erst nach der Geburt einstellen

Vererbbare Krankheiten wie etwa Epilepsie oder verschiedene Bewegungskoordinationsstörungen können durch Veränderungen in Nervenzellen des Kleinhirns hervorgerufen werden, die sich erst nach der Geburt einstellen. Das berichten jetzt Wissenschaftler im Fachblatt „Journal of Neuroscience“.

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Das Team um Professor Stefan Herlitze von der Ruhr-Universität Bochum konnte in seiner neuen Studie zeigen, dass die Krankheiten ausbrachen, wenn sie bei Mäusen eine Woche nach der Geburt ein bestimmtes Protein im Kleinhirn ausschalteten, das den Einstrom von Ionen in die Nervenzellen reguliert.

„Es ist das erste Mal, dass wir einen Einblick in die Entstehung dieser Krankheiten bekommen“, so Herlitze. „Wir können jetzt an neuen therapeutischen Ansätzen forschen.“

Defekte Kalziumkanäle als Krankheitsursache

Verschiedene Formen von Epilepsien, Bewegungskoordinationsstörungen, so genannte Ataxien, und Migräne werden durch Mutationen im so genannten P/Q-Typ-Kalziumkanal ausgelöst, der den Einstrom von Kalziumionen in die Nervenzellen des Gehirns steuert.

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RUB-Forscherin Melanie Mark aus dem Team von Herlitze entwickelte ein Tiermodell, in dem dieser Kalziumkanal zu einem beliebigen Zeitpunkt in einer bestimmten Hirnregion abgeschaltet werden konnte. Die Forscher konzentrierten sich auf bestimmte Zellen im Kleinhirn – Purkinje-Zellen -, die die Bewegungen des Körpers koordinieren. „Der Kalziumkanal kommt eigentlich im gesamten Gehirn vor“, erklärt Mark. „Es ist das erste Mal, dass wir zeigen konnten, dass die Krankheiten nur durch eine gestörte Signalverarbeitung im Kleinhirn ausgelöst werden können.“

Durch Kooperation zur neuen Therapie

Mit Hilfe des neuen Mausmodells, der sogenannten Purky-Maus, wird Herlitzes Team nun in einem nächsten Schritt die molekularen Grundlagen der Krankheiten erforschen, die auf Veränderungen im P/Q-Typ-Kalziumkanal zurückgehen, um neue therapeutische Ansätze zu entwickeln.

In Kooperation mit Professorin Dr. Dagmar Timman-Braun von der Uni-Klinik in Essen und Professor Dr. Thomas Klockgether von der Uni-Klinik in Bonn möchten die Bochumer Neurowissenschaftler ihre Studien am Mausmodell mit Ergebnissen aus Patientenuntersuchungen vergleichen.

„Wir hoffen insbesondere Kindern helfen zu können, die an Absence-Epilepsien leiden, also Epilepsien, die mit einer Bewusstseinsstörung einhergehen“, sagt Herlitze. (The Journal of Neuroscience, 2011; doi:10.1523/JNEUROSCI.5342-10.2011)

(Ruhr-Universität Bochum, 18.03.2011 – DLO)

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