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Physik

Rotwein macht Eisenverbindung supraleitend

Verblüffende Methode erzeugt Supraleitung bei ferromagnetischem Material

Es klingt wie ein verfrühter Aprilscherz: Japanische Forscher haben offenbar durch ein einfaches Bad in heißem Rotwein das erreicht, was sonst nur mit aufwändiger Methodik und nach Monaten gelingt: Sie brachten eine normalerweise magnetische Eisenverbindung dazu, supraleitend zu werden – innerhalb von nur 24 Stunden. Andere alkoholische Getränke vom Bier bis zum Whiskey wurden auch getestet, erwiesen sich aber als weniger effektiv.

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Erst vor gut zwei Jahren entdeckten Wissenschaftler, dass auch ferromagnetische Substanzen unter bestimmten Bedingungen supraleitend werden können. Bisher galt dies als unmöglich. Um die Supraleitung zu erreichen, müssen Elektronen ihre Abstoßung überwinden und sich zu Paaren zusammenlagern. In magnetischen Verbindungen wird dies normalerweise durch die magnetfeldabhängige Ausrichtung der Teilchen verhindert. Doch in Anwesenheit von Sauerstoff können auch bestimmte Eisenverbindungen wie beispielsweise einige Eisen-Arsen- oder Eisen-Tellur-Selen-Moleküle so umgewandelt werden, dass sie bei Temperaturen unterhalb von minus 217°C supraleitend werden.

Dieser Prozess ist allerdings technisch extrem aufwändig und kann mehrere Monate dauern. Da in technischen Anwendungen viele eisenhaltige Verbindungen eingesetzt werden, suchen Forscher weltweit nach Substanzen, die die Supraleitfähigkeit dieser Moleküle auf einfachere Weise erhöhen können. Wissenschaftler des Nationalen Instituts für Materialforschung in Japan haben dafür jetzt eine ebenso einfache wie überraschende Lösung gefunden.

Heißer Rotwein wirkt am besten

Es gelang ihnen, eine Eisen-Tellurverbindung in nur einem Tag supraleitfähig zu machen – mit einer Versuchsanordnung, die auf den ersten Blick wirkt wie ein Studentenscherz: Die Forscher tauchten die Verbindung in Bäder verschiedener alkoholischer Getränke – Rot- und Weißwein, Bier, Sake, Shochu (eine Art japanischen Schnapses) und Whiskey – und erhitzten das Ganze 24 Stunden lang auf 70 Grad Celsius. Nach Ablauf dieser Zeit wurde die Leitfähigkeit der Substanzprobe aus jedem Bad analysiert.

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Das Ergebnis: Die Supraleitfähigkeit der Eisenverbindung war nach dem Getränkebad deutlich erhöht. Am stärksten war dies beim Rotwein ausgeprägt. Der genaue Mechanismus dieser rätselhaften Umwandelung ist noch unklar. Da jedoch auch Getränke mit gleichem Alkoholgehalt unterschiedliche Ergebnisse brachten, scheint der Alkohol nicht oder zumindest nicht nur der ausschlaggebende Bestandteil zu sein.

Mechanismus unklar

Offenbar werden einige in der Eisenverbindung vorliegende Elemente während des Hitzebades gegen Elemente aus der Flüssigkeit ausgetauscht. Nach Ansicht der Forscher könnten möglicherweise geladene Teilchen in die Schichten der Verbindung eingelagert werden. Eine alternative Erklärung wäre, dass die alkoholischen Getränke dazu beitragen, die Reaktion der Probe mit Sauerstoff anzukurbeln. Um nun auch das „Wie“ herauszufinden, wollen die Wissenschaftler als nächstes alle getesteten Getränke detaillierter auf ihre Struktur und Zusammensetzung hin untersuchen. (Superconductor Science Technology, 2011; doi:10.1088/0953-2048/24/5/055008)

(Institute of Physics, 10.03.2011 – NPO)

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