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Genetik

Magenmikrobe: Genomanpassung im Turbo-Tempo

Neue Sequenzierungsmethode enthüllt Genom-Evolution von Helicobacter pylori

Magenbakterium Helicobacter pylori © CDC

Das Genom des Magenkrebserregers Helicobacter pylori passt sich rasch an Menschen an: Dies ist das zentrale Ergebnis einer Studie eines internationalen Wissenschaftlerteams, über die jetzt die Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences USA“ (PNAS) berichtet. Möglich wurden die Erkenntnisse durch eine neue Gensequenzierungsmethode mit der es gelang, die Genom-Evolution des Bakteriums zu enthüllen.

Etwa 40 Prozent der Deutschen sind chronisch mit Helicobacter pylori infiziert. Das Bakterium kann unter anderem Magengeschwüre verursachen und ist für den größten Teil der Magenkrebserkrankungen verantwortlich. Es zeichnet sich durch große genetische Vielfalt aus, so dass fast jeder Infizierte „seinen“ individuellen Helicobacter-Stamm trägt.

Genomsequenzen von Bakterienpaaren verglichen

Forscher von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) um Lynn Kennemann und Stefanie Kuhn sowie Professorin Christine Josenhans und Professor Sebastian Suerbaum haben nun – zusammen mit dem Team von Professor Thomas Meyer vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie und weiteren Partnern aus Deutschland, England und den USA – erforscht, wie sich das gesamte Erbgut der Bakterien im Verlauf der Infektion verändert und an den Menschen anpasst.

Ausgangspunkt für die Analysen waren Paare von eng verwandten H. pylori-Bakterien, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten vom selben chronisch-infizierten Patienten isoliert wurden – zum Beispiel im Abstand von drei oder in zwei Fällen sogar 16 Jahren. Vergleiche der Genomsequenzen solcher Bakterienpaare ermöglichten einen tiefen molekularen Einblick in die Evolution der Bakterien während der chronischen Infektion eines einzelnen Trägers.

Neue „454-Technologie“ im Einsatz

Die Forscher nutzten dafür die neue „454-Technologie“, mit der sie das Erbgut der Bakterien wesentlich schneller und preisgünstiger bestimmen konnten als bisher. So konnten sie Genome von zwölf H. pylori-Stämmen vergleichen. Das Bakterien-Genom unterliegt den Wissenschaftlern zufolge im Verlauf einer Infektion einem sehr raschen Veränderungsprozess.

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Er ist immer dann besonders schnell, wenn sich in einem Magen mehrere H. pylori-Stämme treffen und Teile ihrer Erbsubstanz austauschen. So können sich große Teile der Genome im Verlauf weniger Jahre vermischen, was die Stämme genetisch extrem variabel macht.

„Kletten-Gene“ verändern sich besonders schnell

„Wir können nun auch die Evolutionsgeschwindigkeit verschiedener Funktionsgruppen der Gene vergleichen“, sagt Suerbaum. Besonders schnell veränderten sich die Gene, die dafür sorgen, dass sich die Bakterienzelle wie eine Klette an der Magenschleimhaut festhalten kann.

Die Ergebnisse sind nach Angaben der Forscher unter anderem für die Impfstoffforschung wichtig, weil die schnelle Evolution der Bakterien im Magen den Krankheitserregern auch hilft, der Immunabwehr auszuweichen. (PNAS, 2011; doi:10.1073/pnas.1018444108)

(Medizinische Hochschule Hannover, 09.03.2011 – DLO)

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